München:Klinik-Skandal erreicht Rathaus

Lesezeit: 2 min

Münchens Bürgermeister Monatzeder gerät wegen falscher Aussagen heftig unter Druck. Und auch Oberbürgermeister Ude wusste früh von Problemen. Drei Geschäftsführer wurden vom Aufsichtsrat entlassen.

S. Handel, D. Hutter und S. Lode

Der Hygiene-Skandal am Städtischen Klinikum weitet sich zu einer politischen Affäre aus: Der Aufsichtsratsvorsitzende, Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne) hat am Dienstag eingeräumt, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung die Unwahrheit gesagt zu haben. Monatzeder hatte in dem Interview behauptet, um die Geschäftsführerposten der städtischen Klinikgesellschaft hätten sich keine Mediziner beworben.

Der Klinik-Skandal erreicht das Münchner-Rathaus. (Foto: ddp)

Tatsächlich seien unter den 18 Bewerbern, aus deren Reihen der Stadtrat 2004 drei Geschäftsführer ausgewählt hat, drei Ärzte und ein Physiker mit abgeschlossenem Medizinstudium gewesen. Auch Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) wusste offenbar frühzeitig von Problemen in den städtischen Krankenhäusern, wie Briefe belegen, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.

Der Aufsichtsrat hat am Mittwochabend drei der vier Klinik-Geschäftsführern fristlos gekündigt: Manfred Greiner, den Vorsitzenden der Geschäftsführung, Reinhard Fuß, den bereits suspendierten Geschäftsführer für Strategie und Planung, sowie Personalgeschäftsführer Bruno Wirnitzer. Als entscheidenden Grund nannte Monatzeder einen Vertrauensverlust, da die Klinikleitung dem Aufsichtsrat seit Monaten Informationen vorenthalten habe.

Problematisch sei insbesondere die "Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Sterilgutaufbereitung". Zudem wird die Organisationsstruktur der Kliniken von externen Gutachtern untersucht, auch die Pflege kommt auf den Prüfstand. Der Aufsichtsrat will am Montag einen Interimsvorstand für das Klinikum bestimmen.

Seine falschen Aussagen im SZ-Interview erklärte Monatzeder mit ,,Unkenntnis''. Ob sich dies halten lässt, ist fraglich. Denn neben Christoph Emminger, dem heutigen Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der Kliniken, erklärte am Mittwoch auch der Anästhesist Rudolf Burger, jetzt Hauptgeschäftsführer der Bayerischen Landesärztekammer, sich um einen der Geschäftsführerposten beworben zu haben.

Die Sitzung, in der sich Burger dem Stadtrat vorstellte, wurde seinen Angaben zufolge von Monatzeder geleitet. Insofern sei es schwer nachvollziehbar, wie der Bürgermeister behaupten konnte, ihm sei nicht bekannt, dass sich auch ein Arzt für die Stelle interessiert habe, sagte Burger. Auf einer Mitarbeiterversammlung in Neuperlach am Dienstagabend konfrontierte eine weitere Ärztin Monatzeder damit, dass sie sich 2004 beworben habe, jedoch in der Vorrunde ausgeschieden sei. Als Geschäftsführer berufen wurden damals vier Nicht-Mediziner.

OB Christian Ude wurde mindestens zwei Mal schriftlich auf die problematische Konstellation hingewiesen, keinen Arzt in die Geschäftsführung zu berufen. Im März 2006 schrieb Albrecht Schilling, damals Sprecher aller Chefärzte des Klinikums, an Ude, die Ärzteschaft könne und dürfe es nicht hinnehmen, dass die Position eines Ärztlichen Direktors oder Leitenden Chefarztes in der Organisationsstruktur nicht vorgesehen sei. Und nach einer Chefarzt-Vollversammlung drei Jahre später schrieb Schilling im Februar 2009, er beobachte wie seine Kollegen "die Entwicklung mit großer Sorge".

Auf beide Schreiben habe er von Ude nur eine nichtssagende Antwort bekommen, sagte Schilling. Monatzeder habe ihm in einem Gespräch über die Besetzung der Geschäftsführer-Posten gesagt: "Die Ärzte haben schon genug Schaden angerichtet. Wir wollen keine Ärzte mehr." Monatzeder bestätigte am Mittwoch, dass ihm seit der Fusion immer wieder Bedenken über die Geschäftsführung zugetragen wurden, "natürlich insbesondere aus der Ärzteschaft".

© SZ vom 15.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: