Mitten in Unterhaching:Fette Beats aus dem Norden

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Bei Konzerten im Olympiastadion sitzen die Bewohner im Münchner Süden in der ersten Reihe

Von Iris Hilberth

Gegen neun vibrierte der Fußboden. Bässe wummerten durch das Wohnzimmer. Hatte Maxi von unten links etwa voll aufgedreht? Hatte er nicht. Denn bei geöffnetem Fenster waren die Beats unschwer zu lokalisieren: Der Sound kam von draußen. Irgendwo aus Richtung Norden. War das nicht . . .? Tatsächlich! Hells Bells - Angus Young gab alles. Ganz echt und live: AC/DC rockte Unterhaching. Kein Witz!

Da soll sich noch mal jemand Gedanken machen, dass es die Nachbarn stören könnte, wenn man im Reihenhaus Klavier übt. Auch die Lautstärke anderer Instrumente, etwa die eines Saxophons, das es ganz ohne Verstärker locker mit einem Presslufthammer aufnehmen kann, ist ob solcher Dezibelwerte, die da aus dem Olympiastadion schwappten, kaum der Rede wert. Nun kann man verstehen, warum dieser Mann mit der Stromgitarre und der Schuluniform damals in Australien bei seinen Eltern nur in der Garage üben durfte.

Denn: Unterhaching ist immerhin 13 Kilometer entfernt von der Bühne am anderen Ende der Stadt. So liegt die Vermutung nah, dass den Leuten in Neuhausen, Schwabing und Moosach die Ohren weggeflogen oder zumindest die Fenster zersprungen sind. Das Seltsame an der Sache ist aber: Dort war nichts zu hören. Weder "Dirty Deeds Done Dirt Cheap" um 21.10 Uhr, noch "TNT" um 22.02 Uhr und auch nicht "Highway to Hell" als Zugabe. War nichts mit Logenplatz auf dem Balkon für die Freunde der rostigen Stimme von Brian Johnson. Aber es hat ja eh geregnet.

In Unterhaching hingegen hätte man mitsingen können, so deutlich schepperte der Hardrock herüber, übertönte das gewohnt gleichmäßig Rauschen der A 995 und verwandelte das Trommeln des Regens auf dem Dach vielleicht noch in einen Schmeichlerchor im Hintergrund, wenn überhaupt. Nun stellt sich aber doch die Frage: Wie kann das alles sein? Ging es da überhaupt mit rechten Dingen zu? Und: Hat AC/DC tatsächlich im Olympiastadion gespielt und nicht etwa im Unterhachinger Ortspark, wo sonst beim Bürgerfest nur Paul Würges and his Rocking Allstars oder der Bayern Hans auftreten? Vielleicht war es der ganz große Coup von Bürgermeister Wolfgang Panzer. Der alte Rocker! Hat er vielleicht die angegrauten Jungs aus Australien in sein defizitäres Stadion am Sportpark gelockt? Wenn nicht, es wäre eine Option für nächstes Jahr. Dann bekämen die Leute in Moosach und Neuhausen vielleicht auch mal was mit.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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