Mitten in Unterhaching:Die Seele der Leisetreter

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Bei einem Vortrag in Unterhaching sollen Teilnehmer lernen, mit ihren Füßen zu sprechen. Unser Autor weiß schon vorher, was diesen auf den Nägeln brennt

Von Michael Morosow

Wer schon einmal mit seinen Füßen gesprochen hat, zum Beispiel nach einer Flasche Spätburgunder, der weiß die geduldige, zurückhaltende Art seiner beiden Gesprächspartner zu schätzen. Sie lassen einen ausreden, widersprechen nicht, zählen eher zu den Leisetretern, verglichen mit anderen, zur Geschwätzigkeit neigenden Körperteilen. Und sie laufen auch nicht mitten im schönsten Gespräch einfach davon und rufen einem so destruktive Dinge nach wie: "Schlaf lieber deinen Rausch aus." Füße sind einfach gute Zuhörer, zwei gute Freunde fürs Leben. Lässt man sich mit ihnen ein, gewähren sie einem gerne einen Blick in ihre Seele. Und nach der zweiten Flasche Spätburgunder wird es ihnen meistens schwer ums Herz. Dann teilen sie einem mit, was ihnen auf den Nägeln brennt.

Dass sie sich wünschten, pfleglicher behandelt zu werden, dass sie strikt gegen die Vollverschleierung sind und lieber strumpflos durchs Leben gingen, dass es sie arg schmerzt, wenn sie in viel zu enge Fußballschuhe gepresst werden und einer von ihnen ausgerechnet für den FC Bayern ein Tor schießen muss und sie mit Schnick, Schnack, Schnuck ermitteln, wer der Arme sein wird. Ach ja, und schließlich verraten sie einem auch noch, was ihnen ganz besonders stinkt: Dass ihr Ansehen dem anderer Körperteile hinterherhinkt. Kurz, dass sie die Underdogs sind, obwohl sie den ganzen Menschen durchs ganze Leben tragen, bis ein Namenszettel an seinem großen Zeh baumelt.

Freilich protestiert irgendwann die Leber, wenn man jedesmal zwei Flaschen Spätburgunder in sich reinschütten muss, um mit seinen Füßen ins Gespräch kommen zu können. Umso erfreulicher ist es, dass sich nun die erste Zehenversteherin zu Wort gemeldet hat, Karin May aus Salzburg. An diesem Donnerstag, 19 Uhr, hält sie im Holiday Inn in Unterhaching einen Vortrag zum Thema "Conversiologie - als die Füße sprechen lernten". Sie habe Deutungszonen entdeckt, die sich in Formen, Farben und Linien der Füße ausprägen und die körperlich-emotionale Verfassung einer Person klar erkennbar werden lassen. "Ich entdeckte Zonen am Körper, die sich mit jeder Mahlzeit, mit jedem Getränk, mit jeder Emotion und mit jedem Gedanken ständig verändern", schreibt sie. Dass sich Körperzonen mit jedem Getränk verändern können, sieht man bald jeden Tag auf dem Oktoberfest.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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