Mitten in Unterföhring:Hauptsache verkleidet

Hirschlederne, Dirndl oder zumindest Landhausmode sind Pflicht auf jedem Volksfest. Unterföhring hat jetzt auch die Papp-Lederne erfunden

Von Sabine Wejsada

Wer Tracht trägt, ist offensichtlich en vogue. Nicht nur zur Wiesn sind derart gewandete Besucher millionenfach in München unterwegs, auch bei den derzeit rund um die Stadt stattfindenden Volksfesten sitzen Lederbehoste und Dirndlbekleidete zuhauf in Bierzelten und Fahrgeschäften. Ohne geht es scheinbar bei Burschenfeiern und anderen Anlässen auch nicht mehr. Zumindest Landhaus-Stil muss es schon sein, wenn das Geld für eine Krachlederne oder ein echtes Dirndl nicht gereicht hat.

Alle anderen gelten mittlerweile als Außerirdische vom brauchtumsfreien Planeten aus irgendeinem Jeans-Universum ganz hinten im All und müssen sich durchaus ein bisschen schief ansehen lassen, wenn sie sich Bier und Hendl ohne irgendein Hirschleder-Accessoire schmecken lassen wollen. Das ist in Unterföhring nicht anders: Beim an diesem Freitag beginnenden Bürgerfest ist die Trachten-Dichte hoch, zur Not tut es auch das schilf-grüne Edmund-Stoiber-Gedächtnis-Sakko und das mit Enzianen bedruckte Halstüchlein der früheren First Lady beim Einmarsch ins Festzelt. Hauptsache als Bayer verkleidet.

Doch Unterföhring wäre nicht Unterföhring, wenn man dort nicht noch mehr für die Brauchtumspflege tun würde: Die Gemeinde hat ihr Programm fürs Bürgerfest auf eine Hirschlederne aus festem Papier drucken lassen, versehen mit Wappen und Fest-Logo. Nicht dass die Veranstaltung noch in die Hose geht. Unten steht klein, wessen Beinkleid Modell stand: "Dem Floh sei Hos'n", das Ding gehört also einem Mitarbeiter im Rathaus. Die Papp-Lederne steht übrigens nicht von selber, so wie es der Volksmund über die echten sagt. Zum Glück.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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