Mitten in Taufkirchen:Pötke muss draußen bleiben

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Ausgegrenzt und verstoßen: Die Ahnengalerie der Gemeinde endet abrupt und bleibt unvollständig

Kolumne von Iris Hilberth

Tagt im Unterhachinger Rathaus der Gemeinderat, dann schaut der Bürgermeister von seinem Platz aus auf all die Ehemaligen. Die Ahnengalerie der Gemeinde zeigt jene Männer, die vor ihm hier Chef waren. Ob der jetzige die immer alle sehen will, weiß man nicht. Wenigstens schaut er keine weiße Wand an. Denn weiße Wände, so sagen Experten für Farbgestaltung, schaffen Distanz und keine gute Stimmung. Das muss ja auch nicht sein. In Oberhaching kann der Bürgermeister beim Betreten des großen Sitzungssaals mit einem flüchtigen Blick nach links den Konterfeis seiner Vor- und Vorvorgänger kurz zunicken. Diese alten Herren sind allgegenwärtig, wenn der Gemeinderat zusammenkommt. Und sie sind vollzählig.

In Taufkirchen hingegen ist das etwas anders. Auch hier gibt es eine Ahnengalerie der ehemaligen Rathauschefs. Die hingen lange im Flur zwischen kleinem Sitzungssaal und Umweltamt. Immer wenn ein Bürgermeister aus dem Amt schied, kam nach geraumer Zeit ein Bild dazu. Wie das überall so ist. Nur seit 2014 hatte sich in Taufkirchen an dieser Stelle nichts mehr getan. Bürgermeister Jörg Pötke war längst weg, aber rechts neben seinem Vorgänger Kalinowski blieb die Wand weiß.

Nun war Pötke nicht freiwillig aus dem Amt geschieden, sondern vorläufig des Dienstes enthoben worden - so lange, bis seine Amtszeit vorbei war. Im Rathaus ziert man sich bis heute, ein Bild von ihm aufzuhängen. Es soll Menschen geben, die bereit sind, nahezu alles dafür zu geben, dass das so bleibt. Eine Zeitlang wurde daher die Reihenfolge der Bürgermeister kreativ variiert, sodass nur wahre Taufkirchen-Kenner sofort erkannten: Da fehlt ja einer!

Seit Kurzem sind alle Porträts aus dem Flur verschwunden. Stattdessen hängen dort bunte Kinderbilder. Eine Ausstellung zum Thema "Mein Wohlfühlort". Interessant vor allem die Werke am potenziellen Pötke-Platz: Sie stehen unter der Überschrift "Jeder von uns hat vielleicht schon mal erlebt, wie es ist, ausgegrenzt zu werden und nicht dazu zu gehören." Die Bürgermeister-Bilder wiederum, die offenbar kurz im Keller zwischengelagert waren, hängen neuerdings im Treppenhaus - genau dort, wo der Fluchtweg ausgeschildert ist. Immerhin sind sie wieder in der richtigen, zeitlichen Reihenfolge: Josef Geisenhof, Walter Riedle, Hartmann Räther, Eckhard Kalinowski. Danach wieder weiße Wand. Für den in Ungnade gefallenen Pötke ist offenbar auch hier kein Platz. Dabei würde er so wunderbar neben den Feuerlöscher passen.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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