Mitten in Taufkirchen:Bussi-Bussi im Taxi Mama

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"Kiss an ride" klingt etwas frivol. Hat aber doch nur zum Ziel, dass Mütter ihre Söhne vor der Schule nerven können

Von Iris Hilberth

Das Gesellschaftsspiel Rush Hour gilt als Bestseller. Offenbar ist es ein großer Denkspaß, sich mit kleinen Plastikfahrzeugen der Herausforderung zu stellen, durch überlegtes Vor- und Zurücksetzen das kleine rote Auto aus dem Stau zu manövrieren. Dieses Logikrätsel ist nicht nur für Erwachsene gedacht, sondern schon für Achtjährige. Und sicher gibt es viele in diesem Alter, die nach täglichem Anschauungsunterricht im Kindersitz und Blick durch die Autoscheibe richtig firm darin sind, sich freie Bahn im Chaos zu verschaffen. Denn wer derartige Herausforderungen sucht, muss nur mal morgens vor irgendeine Schule fahren. Da trifft sich der halbe Ort zum munteren Stop and go, geradeso als sei die Grundschule eine Drive-in-Area. Das ist in Taufkirchen nicht anders als in Unterhaching, in Bayern genauso wie in Hamburg. Alle schimpfen, die meisten tun es trotzdem. Gegen Taxi Mama und Fahrdienst Papa vor den Schultoren helfen erfahrungsgemäß weder Appelle noch Verbote.

Die Gemeinde Taufkirchen will dieses Problem an der Grundschule am Wald auch aus Sicherheitsgründen nun endlich in den Griff bekommen und zumindest die an- und abfahrenden Eltern so weit disziplinieren, dass Fußgänger auch noch irgendwie zur Schule kommen. Dazu wird ein Bereich vor dem Schulhof markiert und als eine Art Ladezone ausgewiesen, allerdings mit dem vielversprechenden Namen: Kiss-and- go-Stelle. Eine klare Ansage also: Nicht lange stehenbleiben, und auf keinen Fall das Kind ins Klassenzimmer begleiten. Bussi und Servus müssen reichen. Touch and go, würde der Flieger sagen, aufsetzen und durchstarten. Die Idee habe man sich in Wien abgeschaut, hieß es aus dem Taufkirchner Rathaus. Was man in den Amtstuben am Köglweg vermutlich nicht weiß: Schilder mit der Aufschrift "Kiss and ride" am Wiener Westbahnhof sollen von einigen als Hinweis auf das nahe Rotlichtviertel verstanden worden sein. Man darf gespannt sein, wie die Taufkirchner das "Kiss and go" interpretieren. Auch die Kontrollen könnten interessant werden. Wer darf hier wen küssen und wie lange? Es könnte ja sein, dass es der Viertklässler total peinlich findet, abgebusselt zu werden und sagt: "Mama, mach das nie wieder!"

© SZ vom 06.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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