Mitten in Sauerlach:Mathematischer Ur-Schmerz

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Wer heute seine Kinder durch den Mathe-Unterricht in der Schule bringen will, sollte erst einmal selbst einen Einmaleins-Kurs belegen

Von Elisabeth Gamperl

Was waren das für Zeiten, als man als Erstklässler noch Ziele hatte! Als man das Einmaleins bis zum Umfallen lernte. Sieben mal sieben ist 49. Drei mal vier ist gleich elf, äh, nein, zwölf! Und noch einmal. Es gab als Sechsjähriger nur ein Ziel: Rechenkönig werden. Man wollte dieses verdammte Zuckerl gewinnen. Nächtelanges Training mit den werten Eltern - und dann wurde der nervige Michael aus der ersten Reihe Sieger.

Der mathematische Ur-Schmerz, der wird einem in der Grundschule zugefügt. Um sich von ihm zu lösen, trafen sich vor Kurzem Erwachsene in der Volkshochschule Sauerlach. In einem dreistündigen Kurs wurden die Einmaleins-Reihen wiederholt. "Nach diesem Kurs werden Sie mit Ihrem Kind das Einmaleins auf angenehme Weise und mit Freude weiter üben können", steht im Programm. Wer schlägt schon Tipps aus, wie man den Nachwuchs richtig für die Mathe-Stunden trainiert? Die eigenen Eltern haben es ja anscheinend nicht richtig gemacht. Man könnte sich auch selbst ein paar Stunden hinsetzen und die Rechnungen wiederholen. Aber in der Gruppentherapie heilt man leichter den Rechenkönig-Komplex.

Kurse sind überhaupt eine tolle Sache. Inlineskaten etwa muss man sich nicht mehr selbst beibringen, dazu werden selbstverständlich Kurse angeboten. Aufbaukurs Bremsen. Kinder machen einen Füller-Führerschein, bevor sie mit Füllfeder schreiben. Kurse, davon gibt es eigentlich viel zu wenige. Zähneputzen sollte für die Kids in einem Wochenendkurs von den Volkshochschulen angeboten werden. Oder das Malen mit Buntstiften. Ein Dorn im Auge, wie ungleichmäßig Kleinkinder auf Papier herum schmieren. Aufbaukurs: Farbenlehre. Kurse sind überhaupt eine tolle Sache, weil es danach auch noch Urkunden und Trophäen gibt. Dabei sein ist alles. Die Eltern in Sauerlach haben hoffentlich das Einmaleins-Lernen erfolgreich bestanden. Und es gab Zuckerl für alle. Noch ein Trauma, das braucht es nicht.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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