Mitten in Pullach:Eine Wortmeldung geht immer

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Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund wird erst von ihren Gemeinderäten sitzen gelassen - und dann überrascht

Kolumne von Michael Morosow

In Pullacher Gemeinderatssitzungen ist so schnell nicht alles gesagt. Die Debattierfreudigkeit ist so groß, dass häufig noch weit nach Mitternacht im Rathaussaal das Licht brennt und niemand umhinkommt, den Fleiß der Gemeinderätinnen und -räte lobzupreisen. Zuletzt standen aber gleich zwei große Themen auf der Tagesordnung, weshalb Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund von den Grünen in weiser Voraussicht den Sitzungsbeginn um eine halbe Stunde auf 19 Uhr vorverlegte.

Als die Kirchenglocke sieben Mal schlägt, sind bereits viele Besucher da, aber es klaffen noch große Lücken am Ratstisch. Nur die Bürgermeisterin und acht der 20 Mitglieder des Gremiums sitzen auf ihren Stühlen - zu wenig, um beschlussfähig zu sein. Holger Ptacek von der SPD schreitet wohlgelaunt zu seinem Platz und erhöht damit auf neun. Es wird spannend. Wenn jetzt noch jemand erscheint, kann's losgehen. "Sieben haben sich entschuldigt", teilt die Bürgermeisterin mit und greift zu ihrem Handy, wie auch andere nun ihr Mobiltelefon herausholen, um den unentschuldigten Nachzüglern Beine zu machen.

Dann die Erlösung: "Kurzer Zwischenbericht. Drei sind unterwegs, sie waren auf halb acht gepolt", verkündet Tausendfreund. Unterwegs sein in Pullach, das kann freilich dauern, wie jeder weiß, der schon mal eine halbe Ewigkeit vor den verschlossenen Bahnschranken verbracht hat. Da aber erscheint sie, die Retterin: Caroline Voit von der CSU-Fraktion. Endlich kann's losgehen, die verlorene Zeit lässt sich leicht wieder aufholen.

Die Mitglieder des neugewählten Jugendparlaments stellen sich denn auch im Rekordtempo vor. Auch die Besucher wollen keine Zeitfresser sein, beim Tagesordungspunkt "Bürgerfragestunde" regt sich keine Hand. Und dann, beim Punkt "Gemeinderatsfragestunde", passiert beinahe etwas schier Unfassbares. "Was, keine Wortmeldungen? Das wäre das erste Mal", sagt die verblüffte Bürgermeisterin. Dann geht doch eine Hand hoch. Marianne Stöhr von den Grünen muss noch einen herzlichen Gruß an das Jugendparlament loswerden.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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