Mitten in Pullach:Ein Herz für Fledermäuse

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Unerschrockenheit braucht es freilich, gerade für Fans von Alfred Hitchcock. Die beweist Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund mit einem ungewöhnlichen Anbau.

Von Claudia Wessel

Zum Glück hat die Pullacher Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund einen kühlen Kopf und keine allzu ausgeprägte Fantasie. Sonst könnte es passieren, dass sie manchmal mitten in der Nacht aufwacht und vielleicht ein leichtes Kratzen hört, während draußen tiefe Dunkelheit herrscht. Womöglich weht gar eine Gardine Hitchcock-mäßig im Fensterspalt oder durch die Scheibe sind die Konturen eines seltsamen schwarzen, geflügelten Wesens zu sehen. Im Halbschlaf könnte Tausendfreund ein Gebiss mit merkwürdigen langen Eckzähnen leuchten sehen, sich an den Hals fassen, zwei Bisse ertasten und ohnmächtig werden. Anderntags würde sie dann selbst zum Vampir und als solcher auf die Gemeinderäte losgelassen.

Doch zu derartigen Albträumen neigt die Grünen-Politikerin offenbar nicht. Sonst hätte sie sich nicht an ihrem eigenen Haus ein Fledermausquartier einrichten lassen. Es ist unter dem Giebel fast unsichtbar befestigt, wie die Bürgermeisterin jetzt mitteilte. Äußerlich weisen lediglich die geriffelten Anflugbrettchen auf die Spezialbehausung hin. Im Inneren befindet sich ein verzweigtes Mehrkammersystem, das von verschiedenen Fledermausarten bewohnt werden kann und kälteisoliert ist.

Den Unterschlupf für die heimischen Fledermäuse hat Tausendfreund bauen lassen, weil alle 25 Arten der Tierchen bedroht sind und angesichts der vielen Neubauten und energetisch sanierten Häuser in Pullach, in denen alle Hohlräume versiegelt werden, keinen Unterschlupf mehr finden. Eigentlich gibt es in Pullach aber wegen der Lage zwischen Forstenrieder Park und Isartal beste Bedingungen für die Fledermäuse. Man könnte es den bedrohten Arten daher richtig schön machen. Deshalb hat der Umweltausschuss des Gemeinderats beschlossen, in diesem Frühjahr das Förderprogramm "Artenschutz an Gebäuden" auf den Weg zu bringen. Damit soll auch dem ebenso bedrohten "frechen Spatz" geholfen werden.

Nun braucht es nur noch viele mutige Hausbesitzer. Albträume sind unnötig: Die blutsaugende Vampirfledermaus gibt es nur auf dem amerikanischen Kontinent. Hier haben die Tiere so nette Namen wie "Mopsfledermaus", "Kleines Mausohr" oder "Graues Langohr". Die können doch gar nicht zubeißen.

© SZ vom 31.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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