Mitten in Ottobrunn:"Liebste Ältern"

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Die Bayern sind keine Seefahrer. Das und manches mehr offenbart der jüngste Zuwachs im Fundus des König-Otto-Museums

Kolumne Von Martin Mühlfenzl

Die Bayern sind keine Seefahrer. Segler vielleicht, auf dem Chiemsee - oder Surfer auf der Eisbachwelle im Englischen Garten. Aber sicher keine Gebieter über die Meere. Martin Vogt könnte noch heute ein Lied davon singen. Am 3. Januar 1833 sticht der Soldat von Pirano im heutigen Slowenien aus in Richtung Griechenland in See; kurz darauf zieht ein "erschrecklich starker Sturm" herauf, der "verursachte", "daß die meisten Soldaten seekrank wurden". Speiübel war's ihnen halt.

Martin Vogt ist zu dieser Zeit Soldat der bayerischen Armee (ja, so was gab es wirklich mal) und begleitet Otto von Wittelsbach nach Griechenland, den Prinzen, der den griechischen Thron besteigen soll. Über die Erlebnisse seiner Reise von Lindau über München und Triest bis zum Hafen von Pirano hat er seinen "liebste(n) Ältern" in einem Brief berichtet, der sich nun im Besitz des König-Otto-Museums in Ottobrunn befindet. Entdeckt hat diesen die emeritierte Professorin für klassische Philosophie Marion Lausberg bei der Durchsicht alter Familienpapiere. Martin Vogt, der Verfasser, war ein entfernter Verwandter. Ein früherer Kollege riet Lausberg, das Schriftstück ans König-Otto-Museum zu übergeben. Der Brief erweitert nun den ohnehin großen Fundus des Museums, das von Leiter Jan Murken und seinen Mitstreitern liebevoll gepflegt wird. Vor allem ist er dort gut aufgehoben - wird in Ottobrunn dem Leben des Monarchen nicht blind gehuldigt, sondern dessen Vita erforscht und eingeordnet wird.

"Am 6. Januar hatten wir ein großes Fest, der König zog nun in das neu entstandene Königreich, das Jubelgeschrei des Volkes wollte kein Ende nehmen...", schreibt Vogt an seine Eltern. In Ottobrunn wissen sie heute, dass dieses Jubelgeschrei nicht bis zum Ende der 30-jährigen Regentschaft Ottos I. anhalten wollte; der Monarch floh im Jahr 1862 ins bayerische Exil. Vogt indes wollte eher freiwillig wieder zurück: "Es wäre unsere größte Freude, wenn wir könnten zurückkehren in unser Vaterland", schließt er seinen Brief.

© SZ vom 28.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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