Mitten in Ottobrunn:Der Mörder ist immer der Gartenbesitzer

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In der Natur geht es um Leben und Tod. Auch im bisschen Grün vor der Haustür spielen sich Dramen ab. Und dann ist da auch noch der Mensch

Kolumne von Michael Morosow

Ein buntes Blumenmeer, auf dem sich Bienen und Schmetterlinge zur Labung niederlassen, Beerensträucher, Apfelbäume, Vogelgezwitscher, Bellen und Miauen - in Gärten ist das Leben zuhause. Aber auch der Tod. Das weiß man nicht erst seit der Barde Reinhard Mey in einem Lied die freche These aufstellte, der Mörder sei immer der Gärtner. Täglich spielen sich bei uns Todesdramen ab zwischen Rosen und Radieschen. Auf der Karte für den Landkreis München stecken bereits 27 rote Stecknadeln, jede markiert einen Tatort. Opfer ist alles, was kreucht und fleucht, wächst und blüht, nur der Mensch nicht. Der steht unter Verdacht.

Nun gut, für das unschöne Ende eines Maikäfers, wenn der als Letztes den aufgerissenen Schnabel einer Amsel sieht, kann der Gartenbesitzer nichts. Auch das Verderben eines leichtsinnigen Eichelhähers unter den Greifern eines Habichts sollte man ihm nicht anlasten. Fressen und gefressen werden, das ist das Grundprinzip der Natur. Was aber den 27 Gartenbesitzern durch die Blume vorgehalten werden könnte, ist Beihilfe zum Artensterben durch Entzug des Lebensraumes. Wenn zum Beispiel Jungvögel ihren Schnabel nicht mehr vollkriegen und schließlich verhungern, weil die Eltern nicht mehr ausreichend viele Insekten für sie schnappen können. Und der Grund dafür ist der Umstand, dass die Käfer, Schmetterlinge und Bienen die Fliege gemacht haben, weil sie das Insektengift vertreibt und sie zudem in einer Thujenhecke und auf Steinböden keine Nahrung finden.

"Tatort Garten - Ödnis oder Oase" lautet der Titel einer Ausstellung des Bundes Naturschutz am Sonntag, 10. Februar, im Rathaus Ottobrunn. Die Vernissage beginnt um 13 Uhr. Auf 27 betitelten Fotos und großformatigen Textbildern werden tote Gärten gezeigt, öde Steinwüsten, eingegrenzt durch Steinmauern, Gabionen oder Plastikzäunen - frei nach Wilhelm Buschs Gedichtzeilen "Blickdicht sei der Gartenzaun, denn er birgt so manches Grau'n". Es gehe nicht um einen erhobenen Zeigefinger, erklären die Veranstalter. Aber vielleicht um einen erhobenen grünen Daumen.

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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