Mitten in Oberhaching:Leere Drohungen am Himmel

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Die Steaks mariniert, das Bier gekühlt: Dann macht eine Unwetterwarnung alles zunichte. Hätte der Grillmeister mal lieber die Wetter-App ignoriert

Von Michael Morosow

Die Kohle glüht, die Steaks sind mariniert, das Bier ist gekühlt, die wenigen weißen Wölkchen über Oberhaching schmelzen unter der heißen Sonne. Ein Sommertag wie geschaffen für den Grillmeister, der jetzt auch gleich loslegen wird. Plötzlich aber, wie aus heiterem Himmel, ploppt eine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes auf dem Display seines Handys auf. Die Drohung, kurz zusammengefasst: Schwere Gewitter mit orkanartigen Böen, Hagelschlag und sintflutartigen Regenfällen werden von der menschlichen Ansiedlung nicht mehr viel übrig lassen. Wie die Nachbarn dennoch entspannt weiter grillen können? Der erste Donner rollt an, schon kreuzen sich die Blitze, gleich wird man mitsamt Frau und Steaks im Auge eines Orkanes verschwinden. Schnell noch die Steaks retten und ein Stoßgebet zum Himmel schicken.

Auch wenn das nicht immer hilft, was den legendären Wirt der Kugler-Alm, Franz Xaver Kugler, zumindest für einen Moment vom Glauben hat abkommen lassen. Als er einmal, in Erwartung mehrerer Tausend Ausflügler aus München, sich bis über die Hutschnur mit Würsten und Fleisch eingedeckt hatte, das Wochenende aber komplett verregnet war, soll er sich in gar sündiger Weise an einem Unschuldigen vergriffen haben. Laut Überlieferungen riss er den Christus samt Kreuz von der Wand und warf ihn in den Kühlraum mit den Worten: "So, das kannst jetzt selber fressen, regnen hast es ja auch lassen." Vor hundert Jahren war freilich bereits die Radlermass erfunden, nicht aber die Wetter-App.

Bevor nun jemand ein Loblied auf diesen Service anstimmt, sollte festgehalten werden: An diesem herrlichen Sommertag tobte überall ein schweres Gewitter, nur an Oberhaching zog es rumorend vorüber. Auch wenige Tage vorher waren Donner und Blitze nur leere Drohung, das Further Bad also hätte nicht wegen Unwettergefahr geräumt werden müssen. Vielleicht ist es besser, in Zukunft beim Grillen nicht mehr aufs Handy zu schauen, sondern die Nachbarn zu fragen.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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