Mitten in  Oberhaching:Früher war mehr Lametta

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Wer jahrelang erst am 24. Dezember die letzte krumme Fichte gekauft hat, kann sich gar nicht entscheiden, wenn er ausnahmsweise mal die Auswahl hat beim Kauf des Christbaums

Von Michael Morosow

Alle Jahre wieder dieser wochenlange Stress mit dem Weihnachtsbaumkauf. Der Ärger beginnt stets schon im Spätnovember mit einer freundlichen Erinnerung der Restfamilie, wenigstens dieses eine Mal nicht erst kurz vor der Bescherung mit einem Gewächs anzukommen, das man allenfalls auf dem zweiten Blick als Tannenbaum einstufen kann. "Bitte keinen Last-minute-Christbaum mehr", hieß es geradezu flehentlich am dritten Advent, zu einem Zeitpunkt also, da die meisten Nachbarn schon die schönsten Exemplare auf den Balkonen und Terrassen stehen haben. Nun gut, für die zunehmende Nervosität der Restfamilie gibt es durchaus Gründe. Zuletzt war es ein "Christbaum", den der Verkäufer am 24. Dezember, 14 Uhr, mit mitleidigem Blick durch den Netztrichter zog. "Kriegst jetzt Ärger dahoam?", fragte er am Ende besorgt.

Ach was, mit Lametta, Kugeln und Engelfiguren behängt sah er am Ende ganz manierlich aus, und dank einer wunderschönen Christbaumspitze konnte auch die hämische Frage: "Wo ist da eigentlich oben und unten?" hinreichend beantwortet werden. Weihnachten 2016 aber steht baumtechnisch unter einem ganz anderen Stern. Mittwoch, 21. Dezember, also geschlagene drei Tage vor Heiligabend, auf einem Christbaum-Verkaufsplatz in Kreuzpullach: Welch große Auswahl an Tannen hier steht, kaum zu glauben. Direkt ungewohnt diese Vielfalt. Und alle gerade gewachsen, mit Ästen von oben bis unten, sogar gleichmäßig angeordnet. Die Familie daheim wird schauen.

"Der da ist schön", sagt der freundliche Verkäufer und präsentiert eine Nordmanntanne von einer wahrhaft edlen Erscheinung. Ein Baum halt, wie ihn die Nachbarn seit Wochen auf dem Balkon stehen haben. "Oder, wie wär's mit dem da?", fragt der Mann und schüttelt die Zweige eines ebenso perfekt gewachsenen Christbaums aus. "Oder der da..., na, der is nix", sagt der Verkäufer und wirft ein missratenes, schief gewachsenes Exemplar zur Seite. Das sei aber wirklich ein schiefer Hund, der werde wohl liegen bleiben, merkt der Käufer an. "Nein", erwidert der Verkäufer, auch diesen Baum werde er verkaufen. Wenn nicht heute oder morgen, dann spätestens an Heiligabend.

© SZ vom 23.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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