Mitten in Neubiberg:Buhrufe aus der zweiten Reihe

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Neuerdings wird laut aus der zweiten Reihe gerufen. Zunächst war es Landrat Christoph Göbel, der sich in dieser Disziplin übte. Natascha Kohnen meldet sich nun ebenfalls zur Bundespolitik zu Wort

Von Lars Brunckhorst

Die ARD wirbt mit dem Versprechen: Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe. Beim ZDF heißt es: Mit dem Zweiten sieht man besser. In Abwandlung dieser Sprüche könnte man auf einige Landkreispolitiker sagen: Aus der zweiten Reihe ruft es sich besser. Zunächst war es Landrat Christoph Göbel, der sich in dieser Disziplin übte. Göbel, im Landkreis zweifellos in der ersten Reihe, landes- und bundespolitisch aber eher weiter hinten, machte vorige Woche mit einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite darauf aufmerksam, dass er sich auch über seine Grenzen hinweg Gedanken macht. Ein Neuanfang in Berlin mit Merkel - ausgeschlossen, postete Göbel sinngemäß. Solche klaren Worte muss sich, wer in der ersten Reihe steht, gewöhnlich verkneifen.

Natascha Kohnen meldet sich nun ebenfalls zur Bundespolitik zu Wort. Die Landtagsabgeordnete aus Neubiberg - als bayerische SPD-Vorsitzende ebenfalls nicht ganz vorne - wurde am Mittwoch von mehreren Medien mit der Forderung zitiert, die SPD solle in Berlin auf keinen Fall in eine neue große Koalition eintreten, sondern lieber eine Minderheitsregierung tolerieren. Sie darf das, weil sie einerseits als neue Vize-Chefin der SPD auserkoren ist, andererseits aber eben nicht der ersten Reihe angehört. Ihre Genossen Martin Schulz, Andrea Nahles und Sigmar Gabriel mühen sich dagegen gerade, sich vorsichtiger auszudrücken.

Kohnen und Göbel - sie sind nicht die einzigen im Landkreis, die sich neuerdings auch bundespolitisch aus dem Fenster hängen. Der Erste war Ernst Weidenbusch. Der CSU-Landtagsabgeordnete aus Haar erklärte schon vor einem Jahr, Merkel sei nicht mehr seine Kanzlerin. Es ist nicht überliefert, ob diese seither schlechter schläft, aber wahrscheinlich ist, dass Weidenbuschs Einlassungen auf ihre Nachtruhe in etwa genauso so viel Einfluss haben wie die Ausführungen Göbels. Andererseits: Vor einigen Jahren war es die damalige stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Renate Will, die das Ende von Guido Westerwelle einläutete. Nachdem sie sich getraut hatte, als erste seinen Rücktritt zu verlangen, wagten sich andere aus der Deckung. Man muss aus der zweiten Reihe nur im richtigen Augenblick rufen.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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