Mitten in Höhenkirchen:Ein Bild von einem Spitzbub

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Im Sitzungssaal des Rathauses hängt ein echter Söder - und grinst wenig staatstragend

Kolumne Bernhard Lohr

Markus Söder hat in Höhenkirchen-Siegertsbrunn ziemlich Eindruck gemacht. Nicht dass sie ihn gleich per Akklamation zum Ministerpräsidenten ausgerufen hätten. Dafür hat es im Juli 2015 knapp nicht gereicht und der eine oder andere Verfassungsrechtler hätte das auch als unkorrekt moniert. Doch bei seinem Auftritt beim Jubiläumsfest des Burschenvereins bewies der Heimatminister große Bierzelttauglichkeit. Er lieferte in Lodenjoppe und offenem Hemd eine weiß-blaue Show ab, bei der er Zurufe erntete: "Der wird unser neuer Ministerpräsident."

Seine Parteifreundin Bürgermeisterin Ursula Mayer war damals auch angetan von dem "Vollblutpolitiker", wie sie ihn nannte. Doch hochjubeln wollte sie ihn noch nicht. Mittlerweile ist er aber nicht nur in der Staatskanzlei angekommen. Er hat es als amtierender Ministerpräsident in Höhenkirchen-Siegertsbrunn als Porträtbild auch ins Rathaus geschafft. Ein Söder-Foto hängt im Sitzungssaal direkt hinter dem Platz, von dem aus die Bürgermeisterin ihre Sitzungen leitet. Als dort letztens der Gemeinderat tagte, sah das aus, als würde ein grinsender Söder der Bürgermeisterin bei der Debatte über einen neuen Kindergarten frech über die linke Schulter luren.

Das Rathaus hat jedenfalls ein Söder-Motiv gewählt, bei dem der Neue trotz roter Krawatte weniger staatsmännisch dreinschaut, als man das bei solchen Bildern gewohnt ist. Eine Vorschrift, was für ein Bild zu verwenden ist, gibt es laut Staatskanzlei nicht. Auch steht nirgendwo geschrieben, dass überhaupt solch ein Porträt aufgehängt werden soll. Viele Rathäuser kommen ohne Ministerpräsidenten oder Bundespräsidenten aus. Letzterer hängt übrigens in Höhenkirchen-Siegertsbrunn zur Rechten von Mayer und gleicht mit wahrlich landesväterlicher Miene aus, was Söder fehlt. Und das auch noch mit dem deutlich größeren Bild.

Vielleicht aber steht der Söder-Spitzbub für eine neue weiß-blaue Gelassenheit bei dem, der nichts mehr werden muss. Am Ende lächelt da sogar einer, der einfach nur in sich ruht.

© SZ vom 05.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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