Mitten in Haar:Leihradl ohne Haken

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Ein buntes Häkelrad macht es vor: es geht auch ohne App und Datenabfragen

Von Bernhard Lohr

Einige Haarer werden sich noch gut erinnern. So ein Fahrrad war in der Gemeinde ja auch noch nie herumgestanden. Es zierte einige Tage den Platz vor dem Rathaus und fiel so knallbunt, wie es war, sofort ins Auge. Man hätte meinen können, gspinnerte Hippies hätten das Rathaus übernommen und würden jetzt mit umhäkelten Radln zu den Gemeinderatssitzungen fahren. Das von Speichen bis Sattel in Regenbogenfarben leuchtende Vehikel hätte auch das Gefährt einer häkelfreudigen Oma sein können, die schon genügend Tischdeckerl zu Hause hat und auch die Nachbarn mit ihren Handarbeiten längst versorgt hat.

Dabei handelte es sich einfach um ein wunderschönes Leihradl, das während des jüngsten Kulturfestivals den Rathausvorplatz verschönerte. Wer von München rausradelt nach Haar, kann es in Trudering vor dem Laden "Wolle und Schönes" an der Wasserburger Landstraße an einem Baum gelehnt sehen. Die Betreiber des Ladens erzählen, dass sie es den Haarern zur Verfügung gestellt hätten, als die sich im Vorfeld des Kulturfests im Laden etliche Wollreste abholten. Eine der Aktionen war ja, Bäume in der Gemeinde zu umhäkeln. Da passte das Hippie-Oma-Radl gut ins Bild.

Die Haarer müssen jetzt erst einmal wieder ohne auskommen. Jetzt warten sie auf die blauen Leihräder der MVG, die irgendwann kommen sollen und verfolgen mit etwas Abstand, was sich sonst jenseits der Stadtgrenze wunderliches tut. Denn viele Münchner wissen nicht so recht, was sie davon halten sollen, dass kürzlich über Nacht ein Leihrad-Anbieter aus Singapur Hunderte schwarz-gelbe Leihräder auf die Straßen geworfen hat, die über eine App gefunden und angemietet werden können. Dürfen die denn sowas? Wollen die Betreiber nicht einfach nur Daten abgreifen? Das sind nur zwei der vielen Fragen, die man auf der Straße hört. Die Skepsis ist groß.

Die Masche mit dem Häkelradl war jedenfalls einfach zu durchschauen. Es gibt bis heute keine App, mit der man es finden kann. Keiner wollte damit jemals fahren, geschweige denn Geld verdienen. Einen Haken hätte hinter der Aktion mit dem Häkelradl aus Trudering jedenfalls keiner vermutet.

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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