Mitten in Grünwald:Per Uber-Rikscha ins Bullyversum

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Was tun, wenn die Tram nicht fährt? Doch wohl nicht mit dem schnöden Schienen-Ersatz-Verkehr fahren. Kreative Ideen sind gefragt

Von Ulrike Schuster

Pünktlich zum Start der Sommerferien ist es soweit: die Menschen fahren raus aus der Stadt, ab in den Urlaub. Wer bleibt, baut und saniert. Jetzt den Teer aufzureißen und die Schienen schöner zu machen, scheint sozial am verträglichsten. Das meint auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). Die macht die Gleisanlage der 25er-Tram an der Haltestelle Großhesseloher Brücke "fahrgastfreundlich modern", weshalb die Trambahn erneut für eine ganze Weile nicht fährt.

Erst im vergangenen Jahr hatten die Grünwalder fünf Monate lang das Vergnügen, damals wurden anderswo auf der Strecke Schienen erneuert. Jetzt dürfen die Fahrgäste wieder vom Wettersteinplatz aus mit dem Ersatzbus, auf MGV-Deutsch "SEV" (Schienenersatzverkehr) bis zur Endhaltestelle Derbolfinger Platz fahren. Die Organisation ist nicht schlecht: Der Bus fährt im gleichen Takt wie die Trambahn, Pfeile weisen den Weg, Mensch steigt ein, Bus fährt von der Haltestelle ab. Meist steht auch schon ein zweiter Bus in Warteposition.

"Easy peasy" sollte man meinen, Mensch wird nicht stehen gelassen, zahlt nicht drauf. Doch offenbar schreckt so ein Bus nicht wenige Touristen und Einheimische ab. Möglich, dass er dem Bein nicht genug Platz, dem Auge nicht ausreichend reizende Sicht, der Eigenhaut nicht ausreichend Distanz zur Nebenhaut liefert. Keinesfalls auszuschließen, dass bereits eine kluge App vor den Unannehmlichkeiten des Busses warnt: "Eyes auf! No bayuwarische Gemütlichkeit" könnte es für Jedermann verständlich heißen.

Die Bavaria Filmstudios - an der Strecke - führen den Beweis, dass Bus eben nicht gleich Tram ist, letztere ist einfach beliebter. Das Bilanzbuch der Filmstadt verbuchte im vergangenen Jahr: etwa 35 000 weniger Besucher, zwölf Prozent weniger als geplant und viele Euros weniger im Säckel. So hoch der Verlust 2015.

Dieses Mal soll alles anders werden, man hat sich vorbereitet. Die Bavarianer haben sich nicht zurückgelehnt, warten nicht ab und hoffen. Sie entschieden sich fürs Hineinhängen, für pro-aktives Handeln. Sie wählten das Poster. "Der total verrückte Schienen-Ersatz-Verkehr" - kleine Plakate haben sie auf jeden Ersatzhaltestellen-Pfeiler geklebt. Darauf steht der Bus-Lust-reizende-Satz: "Erlebe die aufregende Fahrt durch eine verlassene Goldmine."

Man darf ruhig ein wenig enttäuscht sein über das SEV-Brainstorming-Ergebnis der Bavarias. Ist man doch sonst spektakuläre Fantasieflüge aus Visual Effect Show, Filmtrickstudio und interaktiver Erlebniswelt gewohnt. Wären spacige Rikscha-Shuttles oder Uber-Taxen mit Bullyversum-Stickern nicht die bessere Alternative gewesen? Hätte solches gar die üblen 2015er-Verluste wett gemacht? Spekulieren ist erlaubt. Luft nach oben in Sachen kreativem Einfall ist gegeben. Daran kommt nicht einmal der Bus vorbei.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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