Mitten in Grünwald:Ordnung muss sein

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Wer glaubt, Grünwald sei eigentlich ein Münchner Stadtteil, wird am Neujahrstag eines Bessern belehrt

Von Claudia Wessel

Es fängt ja schon mit der Telefonnummer an. Wer aus Frankfurt in Grünwald anruft, etwa unter 089/641 62 0 bei der Gemeindeverwaltung, wählt die Münchner Vorwahl. Wer mit der Trambahn in den schönen Ort fährt, benutzt die Münchner Verkehrsbetriebe. Und Teilnehmer einer chinesischen Delegation oder die Studenten aus Innsbruck, die kürzlich die Erdwärme Grünwald besucht haben, sagen daheim sicher: "Ich fahre nach München."

So bedauerlich es auch für den Ort mit eigenem Gemeinderat, eigenem Bürgermeister und eigenem, millionenschweren Haushalt sein mag, in den Augen vieler Menschen ist er ein Stadtteil der Landeshauptstadt. Selbst von Bewohnern des Ortes war schon des Öfteren zu hören, man lebe "in München", viele haben ja tatsächlich auch nur ihren Firmensitz oder ein Leihbüro dort.

Wer nun aber ein echter Münchner ist, der lässt es an Silvester ordentlich krachen und schläft dann aus. Am 1. Januar betritt er wieder nüchtern und voller Staunen die Straße. Schon vor der Haustür sieht er die Zeugen seiner wilden Silvesternacht, leere Flaschen, in denen noch Holzstäbe stecken, Papier- und Pappfetzen und viele andere bunte Hinterlassenschaften der Partygesellschaft. Einen Tag später aber ist alles wieder aufgeräumt, von den Münchner Heinzelmännchen.

Wer aber in Grünwald wohnt, der sollte wissen, dass es hier eine eigene Polizeiinspektion gibt, die unter der strengen Leitung von Andreas Aigner steht. Wer hier glaubt, sich genauso lax benehmen zu können wie die Großstädter, der hat sich geirrt. Im Gemeindeblatt, in dem Aigner jede Woche seinen Polizeibericht schreibt, warnt er ausführlich vor den Gefahren des Silvesterfeuerwerks, aber auch vor der falschen Annahme, es gebe hier Heinzelmännchen. "Wer sich am Silvestertag mit Böllern am Feuerwerk beteiligt, ist verpflichtet, Straßen und Gehwege von den Resten zu säubern, wenn diese ausgekühlt sind." Am besten also lässt man seine Gäste gleich übernachten und hängt eine After-Hour-Party an, bei der gemeinsam die Gehwege gesäubert werden. Wem diese Regel nicht passt, der kann sich ja unter obiger Nummer bei der Gemeinde beschweren.

© SZ vom 29.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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