Mitten in Grünwald:Isarfrust und Isarlust

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Der Georgenstein ist die perfekte Mischung zwischen einsam und abwechslungsreich. Wer sich hier entspannt hat, den kann der Flaucher nicht mehr schrecken

Von Claudia Wessel

In München und der näheren Umgebung ist die Isar an heißen Tagen etwas, das ein ruhebedürftiger Mensch eher meidet. Denn dort gehen sämtliche Feierfreudigen dem Grillen, Chillen - worunter Jugendliche offensichtlich etwas anderes verstehen als Erwachsene - und Biertrinken nach. Ist die Sehnsucht nach einem nur ein klein wenig einsameren Ort am Isarstrand groß, muss man mit dem Rad ein paar Kilometer flussaufwärts strampeln - und einige Ortskenntnisse mitbringen.

Ist man erst einmal unter der Grünwalder Brücke hindurch, ist man den größten Massen schon entkommen. Von dort geht es nach einer Schranke in einem kleinen Wäldchen am Ende des gut befahrbaren Schotterweges nach rechts wiederum über ein kleines Brückchen, und da sieht man schon das vielversprechende Holzschild mit Pfeil am Wegesrand: "Georgenstein" steht unter anderem darauf.

Wenn man den ersten Hügel geschafft hat, ist es nicht mehr weit bis zu dem unscheinbaren schmalen Kieselstrand an der Isar, von dem aus man den besten Blick auf das Naturdenkmal Georgenstein hat. Es handelt sich um einen acht Meter langen und vier Meter breiten, markanten Felsblock bei Flusskilometer 163,2. Er befindet sich im gemeindefreien Gebiet des Grünwalder Forsts und ragt fünf Meter aus dem Wasser. Auf ihm thront ein Bild des Heiligen Georg.

Wer möchte, kann sich nun auf dem gegenüberliegenden kleinen Strand historischen Betrachtungen hingeben. Etwa daran denken, dass dieser Stein beziehungsweise die ihn umgebenden Stromschnellen früher den Flößern schwer zu schaffen machten. Oder dass er schon die Römer erblickt hat, die zu ihrem Lager marschierten, an das heute die Römerschanze erinnert. Oder dass hier die für den Salzhandel wichtige Via Julia querte. Ob es seinerzeit allerdings wirklich eine Holzbrücke hier gab, ist unter Historikern umstritten.

Wer lieber in der Gegenwart verweilt, kann einfach die Abwesenheit von Grillfeuern und die Anwesenheit nur weniger Menschen genießen, den jungen Männern zuschauen, die vom Georgenstein runter in die anscheinend dort sehr tiefe Isar springen. Und sich über die Floßbesatzungen amüsieren, die hier in regelmäßigen Abständen vorbei schippern. Die einen spenden den Springern heftigen Applaus und "Hepp Hepp"-Rufe, von einem anderen Floß herunter macht der Ansager ins Mikrofon freche Bemerkungen über die schon ein wenig sichtbaren Bierbäuche der Springer ("Der war auch mal schlanker").

Vom nächsten Wassergefährt wiederum erschallt die von einem der Trompeter als Solo dargebotene Bayernhymne. Die Floß-Bands aber verstummen an dieser Stelle ansonsten meist. Zu Ehren des Heiligen Georg? Wie auch immer, der Platz ist genial, die perfekte Mischung zwischen einsam und abwechslungsreich. Wer sich hier entspannt hat, den kann der Flaucher nicht mehr schrecken.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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