Mitten in Grasbrunn:Nummernrevue im Wartesaal

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Warum die Nummer 57 keine Garantie ist, schnell dranzukommen und warum ein Biwak von Vorteil sein kann, wenn man sein Auto anmelden will

Kolumne von Lars Brunckhorst

Über die Kfz-Zulassungsstelle in Neukeferloh bei Grasbrunn war in jüngster Zeit ja Schreckliches zu lesen und zu hören. Von arglosen Autobesitzern, die dort stunden-, ja tagelang ausharren mussten, um am Ende unverrichteter Dinge, ohne Nummernschild und zu Fuß (!) wieder von dannen zu ziehen. Man stellte sich daraufhin Scharen dehydrierter und halb verhungerter Menschen vor, die verzweifelt und mit irrem Blick vor den Beamten knien und sie händeringend um Fahrzeugscheine anflehen, während die Schlaueren mit Thermoskannen, Powerakkus fürs Handy und Schlafsäcken anreisen, um im Biwak vor den Türen zu kampieren und sich anderntags eine der ersten Wartenummern zu sichern.

Folglich schaut der Vorgewarnte morgens auf die Homepage des Landratsamts, wo unter einem Link die Wartezeit angezeigt wird. Zur Überraschung steht dort: 0 Wartende, 0 Minuten Wartezeit. Also nichts wie hin. Bei der Ankunft dann die zweite Überraschung: Mittlerweile ist der Wartebereich gut gefüllt. Da haben sich wohl mehrere auf den Weg gemacht. Dann die nächste Überraschung: Man zieht die Nummer 57. Auf dem Bildschirm werden allerdings bereits die Nummern 120 ff. aufgerufen. Hat man was verpasst? Sind da etwa in Sekundenbruchteilen 63 andere vor einem an die Reihe gekommen?

Die Verwunderung steigert sich in der folgenden Stunde. Nacheinander werden Nummern angezeigt: die 46 bitte an Schalter 4, die 53 an Schalter 14, die 76 an 8 und die 78 an 11. Was ist mit der 57? Wurde die ausgelassen? Vergessen? Nach mehr als 60 Minuten fragt man an der Information nach, warum man immer noch wartet. Die Antwort kommt so langsam und bedächtig wie im Animationsfilm Zoomania von dem Faultier Flash aus der Verkehrsbehörde: "Weil Ihre Nummer noch nicht aufgerufen wurde." Gegen diese Logik ist nichts einzuwenden. Allenfalls ein Warum? Und warum die 76, 78 und 120 schon dran waren? "Weil die vorher einen Termin vereinbart haben." Das nimmt man sich fürs nächste Mal auch vor, sollte es in sechs oder acht Jahren noch Autos geben, die man zulassen kann. Dann schaut man auch, ob der Nachbar in der Wartereihe immer noch da ist. Oder ob er mittlerweile ein Bett aufgeschlagen und seine Mietwohnung gekündigt hat.

© SZ vom 22.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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