Mitten in Garching:Elektronische Schneckenpost

Lesezeit: 1 min

Dass Postkarten manchmal länger brauchen, ist bekannt. Aber anscheinend haben auch E-Mails ihre Tücken

Kolumne von Iris Hilberth

Über mache Informationen oder schöne Grüße freut man sich auch noch Jahre später. Mit anderen hingegen kann man irgendwie doch nichts mehr anfangen. Immer mal wieder tauchen Meldungen auf, dass ein Liebesbrief, eine Ansichtskarte oder gar ein Behördenschreiben jahrzehntelang unterwegs war, bis ein Postbote sie doch mal zustellte. So soll 2013 im Konferenzzentrum Missenden Abbey in der englischen Grafschaft Buckinghamshire ein Schreiben eingegangen sein, das 62 Jahre zuvor in Flensburg aufgegeben worden war. In Amerika erhielt eine Frau von ihrer Tochter eine Postkarte, die 37 Jahre unterwegs war. In all den Jahren lagen die Urlaubsgrüße im Postamt in Brooklyn hinter einer Maschine. In Belgien soll ein Brief sogar 83 Jahre lang unterwegs gewesen sein. Ein belgischer Soldat hatte 1926 aus Brüssel an Verwandte in Opbrakel geschrieben, das ist etwa 50 Kilometer entfernt. Die Post erreichte seine Tochter 2009 mit der Bitte: "Wenn Ihr noch kein Hemd geschickt habt, dann tut das schnell."

Aber wer schreibt heutzutage schon noch Postkarten? Selbst wenn die in punkto Schneckentempo nicht immer Rekorde brechen, dauert das doch viel zu lange. Im Garchinger Rathaus allerdings könnte man glatt mal darüber nachdenken, ob das mit der elektronischen Post wirklich immer so praktisch ist. Zwar gilt die Universitätsstadt mit ihren vielen Zukunftstechnologien als Hightech-Area. Doch das schnelle Internet scheint nicht immer tadellos zu funktionieren. Ist doch eine Mitteilung aus den Amtsstuben der Stadt, datiert mit dem 5. Dezember 2019, nach schlappen 33 Tagen, nämlich am 7. Januar 2020 im SZ-Hochhaus eingetrudelt. Darin heißt es: "Wie jedes Jahr ist das Garchinger Rathaus am 24. Dezember und an Silvester geschlossen." Das sind echte Neuigkeiten für die Ausgabe vom 8. Januar!

Zwischen Garching und dem SZ-Hochhaus liegen 18,6 Kilometer. Mit dem Auto kann man das in 20 Minuten schaffen, zu Fuß in etwa drei Stunden. Es sei denn man nimmt einen Umweg über - sagen wir Madrid - dann ist man ungefähr 723 Stunden unterwegs und würde etwa gleichzeitig mit der Mail ankommen. Vielleicht ist es den Garchingern auch so gegangen, wie der Amerikanerin, und die E-Mail ist hinter eine Maschine gerutscht.

© SZ vom 08.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: