Mitten in Garching:Der Ritter vom Abschleppdienst

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Wer zu später Stunde feststellt, dass das Auto abgeschleppt wurde, der ärgert sich erst einmal. Doch selbst in solch dunklen Momenten kann es Lichtblicke geben

Von Gudrun Passarge

Manche Abende enden anders als geplant. Nicht, dass die Halbzeitbilanz der Garchinger Grünen große Überraschungen ergeben hätte. Das wirklich Aufregende passiert erst nach der Veranstaltung. Im Schummerlicht kommen erste Zweifel. Stand das Auto wirklich da oder war es doch woanders geparkt? Hingehen, schauen, nichts. Ein leerer Parkplatz und vom Auto keine Spur. Standort: unweit der Augustiner-Gaststätte. War da nicht was? Anwohner, die sich über Lärm und Verkehr beklagten, und über unberechtigt abgestellte Fahrzeuge vor ihrem Haus? Ein Schild an der Hauswand ist unmissverständlich: Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt. Alles klar. Weitersuchen zwecklos. Da hilft nur ein Anruf bei der Polizeiinspektion. Im Augustiner sucht ein netter Kellner die Nummer raus. Auch der Polizist am anderen Ende der Leitung ist äußerst freundlich. Die Polizei habe damit nichts zu tun, vermutlich habe ein Privatmann den Abschleppdienst gerufen. Über die Zulassungsstelle könne dieser dann die Adresse herausfinden, um die Rechnung zustellen zu lassen.

Aber wie kommt die Frau wieder zu ihrem Auto? Der Polizist gibt ihr den Rat, in der Umgebung zu suchen, dort könnte es das Abschleppunternehmen abgestellt haben. Dann entdeckt der Polizist das Auto doch in einer Datei und rückt die Nummer des Abschleppunternehmens aus Unterschleißheim heraus. Es ist inzwischen 22.30 Uhr, es ist kalt und die Frau hat sich mal wieder viel zu dünn angezogen. Ein Tuten - und ein junger Mann meldet sich. Erklärt, das Auto stehe jetzt in Unterschleißheim. Am nächsten Morgen um acht sei der Platz wieder geöffnet. Wo die Frau denn hin wolle. "Dachau?" Das Mitleid in seiner Stimme träufelt aus dem Hörer. Er werde schauen, ob jemand in der Nähe sei, der die Frau vielleicht doch noch zum Auto bringen könne. Warten. Frieren. Klingeln. "Nein, es ist niemand da. Aber ich setzte mich schnell ins Auto und komme Sie abholen", sagt der nette junge Mann.

Er düst aus Feldmoching nach Garching und beendet damit eine Stunde trister Gedanken. Oh, Ritter der Straße. Dass er auch noch die Rechnung dabei hat, für die er sich vielmals entschuldigt, und dass es fast 300 Euro kostet, das Auto auf einem Parkplatz in Unterschleißheim wieder auszulösen, ganz egal. Wann bietet sich der Frau sonst schon mal Gelegenheit, so viele hilfsbereite Menschen zu treffen? Und ganz nebenbei ihr Bild von Abschleppdiensten zu relativieren.

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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