Mitten in den Isarauen:Ein Schatten über Garching

Lesezeit: 1 min

Endlich frei, rauf aufs Rad und die Isar entlang raus aus der Stadt. Doch dann verdunkelt sich der Himmel über einem und der Arbeitsalltag hat einen wieder

Von Udo Watter

Frei haben und sich frei fühlen ist nicht automatisch dasselbe. Man sollte auch an den richtigen Tagen frei haben, um seine Freizeit genießen zu können. Ein wolkenlos blauer Himmel ist da nicht die schlechteste Voraussetzung, um das persönliche Frühlingserwachen zu befördern und die Unbilden des beruflichen Alltags dorthin zu verbannen, wo sie an solch einem Tag hingehören: in die tiefsten Tiefen des Bewusstseins.

Also aufs Fahrrad geschwungen, die Isar entlang. Durch die Schönheit radelt man zur Freiheit. Diesmal geht's nicht klassisch nach Süden, ins Voralpenland oder zum Starnberger See, sondern in die andere Richtung, Ziel ist Freising. Die Strecke ist weitgehend eben und entsprechend angenehm zu fahren. Nachdem das Stadtgebiet durchquert ist, genießt der Pedaleur die zunehmend einsameren Isarauen: sattes Grün, teils noch kahle Laubbäume, gleißende Kieselstrände, Gischt um die Felsen, einzelgängerische Schwäne. Auch wenn hier im nördlichen Landkreis keine Breitwandmomente locken, wie im Süden, wo am Horizont an gewissen Stellen das dramatische Alpenpanorama erscheint, befriedigt der idyllische Charakter bei Unterföhring und Ismaning die Sinne. Es ist eine eher unaufdringliche Schönheit, die quasi auch den Vorteil hat, dass sie optisch weniger abgenutzt ist, da sie nicht so oft als Kulisse für Vorabendserien fungiert. Irgendwann kommt dann der Lärm der Flieger, der Domberg zu Freising und die Fahrt retour wird auf der linken Isarseite in Angriff genommen.

Kurz nachdem man den Landkreis Freising wieder hinter sich gelassen und Garchinger Flur erreicht hat, wird es doch noch dramatisch: Jählings verdunkelt sich der bis dato wolkenlose Himmel, ein breiter Schattenwurf wie von einer totalen Sonnenfinsternis. Der Blick nach oben: Ein Zeppelin hat sich zwischen Isarauen und Sonne geschoben, segelt zigarrenförmig über den Wäldern - als Werbeträger einer großen süddeutschen Zeitung. Der Einbruch des beruflichen Alltags in die Freizeit. Aber immerhin ästhetisch.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: