Mitten in Aying:Nikolaus, bitte draußen bleiben!

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Der Nikolaus und seine Geschenke sind den meisten Kindern wohl willkommen, Respekt flößt hingegen der Gedanke an den Krampus ein. Wohl dem, der sich in diesem Dilemma zu helfen weiß.

Kolumne Von Michael Morosow

Es ist oft eine Hassliebe, die Kinder für den Nikolaus verspüren. So sehr sie sich auf seine Geschenke freuen, so groß ist ihre Angst vor dem Jahresendgespräch, das der gute Mann mit ihnen führen will. Denn wenn's in den Monaten davor nicht immer geklappt hat mit dem Bravsein, dann kann es sein, dass der Krampus, ein gar finsterer Kerl, mit Kettengerassel in die Familie platzt und den erziehungsresistenten Knirps in einen großen Sack packt und ihn mitnimmt. Der alte Stiefel, sich unter dem Bett zu verstecken, bringt nichts, der Krampus kann Hände zittern, Knie schlottern und Zähne klappern hören. Die erzieherischen Methoden des strafenden Krampus werden heute zwar von Kinderpädagogen als nicht mehr zeitgemäß gegeißelt, weshalb in den meisten Wohnstuben der gütige Nikolaus ohne den grantigen Knecht Ruprecht erscheint.

Aber dessen sicher sein kann sich kein Kind, weshalb jetzt ein Bub aus Aying auf die verwegene Idee kam, durch eine Finte dem Unausweichlichen doch noch zu entkommen. Wie Himmelsboten melden, wollte er die Nacht zunächst bei seiner Oma verbringen, weil ihn dort kein Nikolaus vermuten würde. Als das nicht klappte, blieb dem Kleinen nur noch die große Schummelnummer. Unter Heranziehung seiner in der Schule erworbenen Formulierungsfähigkeit schrieb der Bub auf ein Blatt Papier, ehe er dieses an die Haustür hing: "Müssen Lehrnen tut uns leid!" Dann wird ihm wahrscheinlich bewusst geworden sein, dass es ohne Nikolausbesuch auch nichts mit Geschenken werden würde. So schrieb er schnell noch dazu: "Bitte Sack abstellen."

Der Knabe, wohl wahr, muss noch lernen. Dass es ihm angeblich leid tue, dem Nikolaus wegen seines Lerneifers keine Aufwartung machen zu können, ist sicher eine glatte Lüge. Aber dass er davon ausgeht, der Nikolaus würde gleich einen ganzen Sack voller Geschenke vor der Tür abstellen, sollte mit einem Kinderpädagogen besprochen werden. Jetzt kann er nur hoffen, dass das Christkind nicht von seinem Täuschungsmanöver Wind bekommt.

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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