Mitten im Landkreis:Nikolausi trifft Osterhasi

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Wenn bei Kindern im Landkreis, analog zu Gerhard Polts berühmtem Sketch, zu Ostern Verwirrung um die rechte Form der schokoladigen Fundstücke aufkommt, trifft den Nachwuchs keine Schuld. Die liegt vielmehr bei den übereifrigen Herstellern

Kolumne von Michael Morosow

Der Sketch "Nikolausi" von Gerhard Polt zählt schon längst zum Klassiker des Genres. Der Kabarettist schlüpft darin in die Rolle eines Vaters, dessen unbelehrbarer Sohn ihn schier zur Verzweiflung treibt, indem er stur und wiederholt den "Osterhasi" als "Nikolausi" tituliert. Selbst die exakte Charakterisierung ("Das ist Osterhasi, weißt du, Osterhasi mit den Öhrli, hehehe, der bringt Gaggi für das Bubele, hehehehe") vermag den sturen Tropf nicht von seiner Überzeugung abbringen, dass es sich in Wirklichkeit um einen Nikolaus handelt. Am Schluss muss er froh sein, dass er keine hinter die Löffel bekommt. Eigentlich ein klarer Fall fürs Jugendamt, denn der Bub trägt keine Schuld an dem Verwechslungsdrama, er ist Opfer der schlimmen Schokoladenfabrikanten. Sie haben Nikolaus, Christkind und Osterhase nicht nur sinnbildlich zu einer Einheit verschmolzen, sondern alle zusammen auf eine Produktpalette geladen. Nun gut, angeblich soll es gar nicht stimmen, dass die in den Regalen liegen gebliebenen Nikoläuse eingeschmolzen werden, um an Ostern eine Wiedergeburt als Osterhase feiern zu können. Aber was wirklich auf dem Markt ist: der Osterkalender für Groß und Klein, wahlweise mit zehn oder 21 Türchen mit Schokolade dahinter. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht der Osterhase vor der Tür. "Halleluja", jubelt die Schokoladenindustrie, für die es am Sonntag so ist, als würden Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen. Die Schokohasen jedenfalls vermehren sich wie die Karnickel: 213 Millionen beträgt heuer ihre Population, viel mehr als zuletzt die 146 Millionen Nikoläuse.

Alles nichts gegen die 20 Milliarden Eier, die jährlich in Deutschland von Hühnern gelegt werden. Ein nicht unerheblicher Teil wird in diesen Tagen vor Ostern für die Kinder versteckt. Kaum eine Gemeinde im Landkreis München, wo es am Sonntag keinen Startschuss zum Ostergeschenke suchen gibt. Wenn dabei ein Knabe mit dem Jubelruf: "Ui, ein Nikolausi", auffällt, dann muss man nicht gleich seinen Vater verständigen. Vielleicht wurden am 5. Dezember von der Schokoladenindustrie erstmals Schokonikoläuse im Schnee versteckt. Zur Ankurbelung eines neuen Geschäftszweiges. Der Schoko-Pfingstochse soll schon in Arbeit sein.

© SZ vom 28.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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