Mitten im Landkreis:Griff nach den Sternen

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Das Raumfahrtprogramm für Bayern machen die einen lächerlich, die anderen sehen es als einen Schritt zur Erhabenheit an

Kolumne von Udo Watter

Die merkwürdigen Tage, die "zwischen den Jahren" liegen, klingen so, als seien sie aus der Zeit gefallen: Diffuse Flüchtigkeiten, leise Phänomene im Grenzgebiet zwischen Ausklang und Auftakt. Diese Schwellenzeit wird nun in der Nacht von Montag auf Dienstag lautstark weggeböllert. Auch über dem Landkreis wird der Himmel schillern und krachen. Spätestens um 24 Uhr heißt es Bumm, Bumm Baierbrunn, nebenan fliegen die Silvesterkracher der Pullacher, es knallen die Frösche in Garching und im Wunderkerzenschein erglänzt das Schloss in Schleißheim.

Braucht's des? Natürlich nicht. Auf der anderen Seite ist es halt schön bunt und man kann dem neuen Jahr gleich mal demonstrieren, welchen Glanz man sich erwartet. Aber sind zischende Knallkörper der Weisheit letzter Schluss? Ringen diese fliegenden Fünf-Sekunden-Performer dem Firmament Respekt ab? Eher nicht. Dabei haben doch gerade die Menschen im Landkreis ganz andere Möglichkeiten, den Sternen näher zu kommen und das Himmelsgewölbe zu beeindrucken. Anders gesagt: Vom Lächerlichen zum Erhabenen ist es nur ein Schritt. Markus Söder ist zwar den umgekehrten gegangen, als er vor seinem riesigem Konterfei mit dem Slogan "Bavaria One - Mission Zukunft" das gleichnamige Raumfahrtprogramm im Herbst vorstellte. Aber trotz Spotts und Unterstellungen von Größenwahn für den Ministerpräsidenten freuen sie sich in Taufkirchen und Ottobrunn auf die 700 Millionen Euro, mit denen die Staatsregierung den Südosten Münchens zum Luft- und Raumfahrtstandort Nummer eins in Deutschland machen will: Der Ludwig-Bölkow-Campus soll Hauptsitz der neuen Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie der TU München werden. Der tatsächliche Schritt von Ottobrunn ins Weltall ist zwar ein bisserl größer als vom Erhabenem zum Lächerlichen. Aber warum nicht mehr Größenwahn wagen? Der wahre Griff zu den Sternen, das ist mal ein mutiger Vorsatz fürs neue Jahr. Bölkow statt Böller.

Bölkstoff statt Böller führt dagegen eher zu sternhagelvoll. Prost Neujahr.

© SZ vom 31.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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