Mitten im Landkreis:Der Schatz unterm Bett

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Weihnachtsgeschenke treffen nicht immer den Geschmack der Beschenkten. Manchmal jedoch bringen sie Leben in die Bude

Von Gudrun Passarge

Mit den Weihnachtsgeschenken ist das so eine Sache. Entweder sie sind zu klein, weil die eigene Familie nicht mitbekommen hat, dass man sich etwas Winterspeck zugelegt hat, oder aber sie sind lila, weil die Schwiegermutter denkt, jeder müsse darin so gut ausschauen wie sie. Doch dieses Mal war alles ganz anders. Nur strahlende Gesichter am Weihnachtsbaum. Die Vertreter des Y-Chromosoms beugen sich fachsimpelnd über ihre neuen Drohnen und die Frau des Hauses strahlt, weil sie endlich den Saug-Roboter bekommen hat. Eine smarte silberne Scheibe, die überall hinkommt. Die Feuertaufe hat er gleich mit Bravour gemeistert. Mit für unmöglich gehaltener Eleganz schnurrt er durch den schmalen Schlitz unters Bett, wo nicht einmal der Staubsauger hinkommt, und ebenso elegant kehrt er zurück, zwei Wollmäuse vor sich hertreibend, die diesen Namen ehrlich verdienen. Während sich also dieser kleine Filou ums Eckenausputzen kümmert und sich dabei den Respekt der ansonsten wenig technikaffinen Hausfrau verschafft, erleben die Drohnenfreunde gleich am ersten Abend ihr Waterloo. Das Spielzeug steigt hoch in die schwarze Nacht, blinkte lustig rot und grün und, was für ein Spektakel, und stürzt über den Dächern der Nachbarschaft ab. Akku leer. Drohne weg. Ist aber nicht so schlimm, weil die Familie so einen Grund hat, bei den Nachbarn rundum zu klingeln, frohe Weihnachten zu wünschen und höflichst zu bitten, doch mal einen Blick auf deren Dach werfen zu dürfen. Doch die Nacht hat die Drohne verschluckt. Sie taucht erst am nächsten Tag wieder auf.

Der Staubroboter dagegen huscht wie ein Silberpfeil über die Böden und nimmt sich auch der entlegensten Winkel an. Was für ein Geschenk! Jeden Tag freundet sich die Hausfrau mehr mit dem kleinen Kerl an. Stolz ruft sie die Freundin an. Diese hat von ihrem Mann, einem Ingenieur vor dem Herrn, der nicht müde wird, einem die Funktion der Dinge zu erklären, einen kleinen Brillantring geschenkt bekommen. Damit ist ihm ein unerwarteter Coup gelungen, der ihm selbst höchste Freude bereitet. Er selbst wird nicht müde zu betonen, wie schön der Ring doch funkelt. Aber mal ganz ehrlich: Kann er auch unterm Bett saubermachen?

© SZ vom 07.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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