Mitten im Landkreis:Alles, nur keine Elektronik

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Repair-Cafés sind Orte der Hilfsbereitschaft und Sehnsuchtsorte für Tüftler. Aber auch die stoßen an ihre Grenzen

Von Wolfgang Krause

Die Stereoanlage ist kaputt, das heißt, eigentlich klemmt nur der CD-Player. Aber genau das ist das Problem: Das Ding ist zu schade für den Elektroschrott-Container und steht doch die meiste Zeit unnütz in der Wohnung herum. Wie gut, dass es anderen Menschen ähnlich geht. Und einige sich in Reparatur-Initiativen zusammengeschlossen haben, um in mühsamer, selbstloser Kleinarbeit die Sollbruchstellen unserer Wegwerfgesellschaft wieder zusammenflicken. Regelmäßig organisieren sie in München, aber auch in Pullach, Haar und Unterschleißheim Repair-Cafés, in denen sie kostenlos kaputte Haushaltsgeräte durchchecken und im besten Fall wieder zum Laufen bringen.

In einem davon nimmt sich ein freundlicher älterer Herr mit Uhrmacherlupe bereitwillig des CD-Players an. Allerdings betont er gleich, dass er sich ausschließlich auf die Mechanik konzentrieren wird. Von Elektronik verstehe er nichts. Mit seinen feinen Schraubenziehern nehmen wir gemeinsam das Gehäuse auseinander. Sobald der Deckel ab ist, fährt der Schlitten prompt heraus, wenn man auf den Open-Knopf drückt. Wir schrauben das Gehäuse wieder zusammen, schon klemmt auch der CD-Player wieder. Also probieren wir es noch einmal, lösen auch innen ein paar Schrauben, sehen uns den Motor und den winzigen Keilriemen an. Der Mann vom Repair-Café lobt die solide Verarbeitung, wir fachsimpeln ein bisschen über geplante Obsoleszenz und Smartphones mit fest eingebauten Akkus. Aber sobald das Gehäuse geschlossen ist, bewegt sich der Schlitten keinen Millimeter. Außerdem erkennt das Gerät nicht, wenn eine CD eingelegt ist. Es muss wohl doch an der Elektronik liegen.

Die Stereoanlage ist nicht zu retten. Trotzdem bleibt von dem Ausflug in die Welt der Reparatur-Initiativen ein gutes Gefühl. So viel Nachhaltigkeit, so viel Hilfsbereitschaft! Und alles gratis, nicht einmal eine Spendenbox haben sie aufgestellt. Das wirkt ansteckend: Irgendwann, denkt man sich, wenn man in Rente ist und mehr Zeit hat, will man etwas zurückgeben. Dann kauft man sich einen Satz Schraubenzieher und hilft in einem Repair-Café anderen Menschen, die mit der Technik hadern. Natürlich unter einer Bedingung: keine Elektronik!

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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