Mitten im Isartal:Energy für den Busfahrer

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Ein Bus bleibt stehen. Gut so. Aber warum steigt sein Fahrer aus?

Kolumne von Martin Mühlfenzl

Ein Bus bleibt stehen. So weit so gut. Das gehört ja auch zu seinem Portfolio. Anfahren, stehen bleiben, Leute ein- und aussteigen lassen, wieder anfahren. Dabei immer im Takt bleiben, also besser gesagt innerhalb des eng gestrickten Fahrplan-Korsetts. Wenn es der Verkehr zulässt. Denn gerade in Stoßzeiten, die ja genau genommen Stehzeiten sind, macht der Bus allzu oft, was er eigentlich an Haltestellen machen soll: Er hält an und bewegt sich längere Zeit nicht mehr vom Fleck.

Will der Bus all diese Herausforderungen bewerkstelligen, braucht er tatkräftige Unterstützung. Ohne Busfahrer ist der Bus nur eine leere, traurige Hülle - und ohne Bus verkommt der Busfahrer zum Fußgänger, der er ja qua Berufsbezeichnung eben nicht sein will. Und beide sollten fit sein: Beim Bus darf nichts ruckeln oder quietschen; und als Fahrer wünscht er sich einen putzmunteren, aufmerksamen Gesellen. Sie gehen ja für die Dauer ihrer Fahrt eine Art Symbiose ein. Was aber denkt sich so ein Bus, wenn der Fahrer - wie es ja vorgesehen ist - an der Haltestelle in der Wolfratshauser Straße Richtung Pullach hält - und plötzlich aus dem Gefährt herausspringt, die 20 Meter von der Station bis zur nächstgelegenen Tankstelle sprintet, blitzschnell einen Energiedrink aus dem Kühlregal zieht und an den wartenden Kunden vorbei bis vor zur Kasse hechelt? Und dann den etwas verdutzt drein blickenden Menschen in der Warteschlange eröffnet: "Darf ich? Mein Bus steht da draußen."

Klar darf er. Ist ja der Fahrer. Und einen Bus lässt man nicht warten, weil auch ein Bus seine Fahrgäste nicht warten lassen darf. Die Türen des Busses schließen sich. Fast glauben auch die Kunden in der Tankstelle, das Zischen der Getränkedose zu hören, der Bus blinkt und ist wieder in der Spur in Richtung Isartal. Jeder Bus fährt einmal weiter, wenn er angehalten hat. Weil das in seinem Wesen liegt. Ach, ja. Was er sich wirklich gedacht hat? "Ein Hoch auf meinen Busfahrer!"

© SZ vom 29.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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