Meine Woche:Kunst aus der Dose

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Graffiti-Künstler Carlos Aristizábal. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Graffiti-Künstler Carlos Aristizábal leitet einen Workshop

Von Daniela Bode, Oberhaching

"Es herrscht absolutes Handyverbot - mir ist Kreativität sehr wichtig", sagt Carlos Aristizábal . Der 33-Jährige führt Jugendliche bei Graffiti-Workshops in Jugendzentren in die Kunst mit der Spraydose ein. So auch am heutigen Montag im Jugendtreff A 12 in Oberhaching. Die Zwölf- bis Fünfzehnjährigen müssen sich dabei ihre Motive selbst aussuchen, die meisten würden sofort über Google suchen, erzählt der 33-Jährige. "Sie sollen sich fragen, was kann ich und was möchte ich malen." Seit mehr als zehn Jahren bringt er Jugendlichen den vernünftigen Umgang mit dem Sprayen bei, zudem studiert er Interkulturelle Kommunikation. Er selbst sprüht seit 1997. In dem vom Jugendtreff veranstalteten Workshop will der Künstler mit den Jugendlichen in sechs Stunden das Sprayen ausprobieren und sie sehen lassen, "ob es das ist, was sie machen wollen". Da darf auch etwas Theorie nicht fehlen. Aristizábal erzählt den in der Regel maximal zehn "Zwergen", wie er sie fast liebevoll nennt, etwas über die Historie von Graffiti. Etwa, seit wann es die gesprühten Gemälde in Deutschland gibt, und dass 1984 die erste S-Bahn in München bemalt wurde. Er klärt die Jugendlichen auch über die rechtlichen Rahmenbedingungen auf. "Ich sage ihnen, wo man sprühen darf und was passiert, wenn man sich nicht daran hält", sagt er. Dass sie wegen illegalen Sprühens bis zu 10 000 Euro Strafe zahlen müssen etwa.

Beim Workshop gibt es kein Problem mit Legalität. Jedes Kind bekommt eine große Spanplatte zum Besprühen. "Bei uns können die Kinder etwas machen, was sie sonst nicht tun dürfen", sagt Aristizábal. Er bringt den Jugendlichen verschiedene Techniken bei und lässt sie mit rund 35 Farben experimentieren. Die Mädchen griffen gern zu Orange und Gelb, die Jungen stünden auf Blau- und Grüntöne, sagt er. Zum Kurs gehört auch, dass sich die Teilnehmer von vornherein überlegen sollen, welche Farben sie benutzen. "Mir ist wichtig, dass sich die Kinder frei entfalten und selbst etwas machen können."

Der Graffiti-Künstler staunt selbst immer wieder, was bei den Workshops herauskommt. "Ich bin sehr überrascht über die Kreativität der Kinder und ihr Durchsetzungsvermögen", sagt er. Einer habe einmal mit der Spraydose das Wort Pasta so verfremdet dargestellt, dass sogar er mit dem geschulten Auge es erst erkannte, als der Junge ihm seine Gedanken dazu erläuterte. Andere schreiben ihren Namen auf eine besondere Weise, sprühen Figuren, die ihnen irgendwo begegnet sind, oder wählen ein abstraktes Motiv.

Wer sehen will, wie Aristizábal arbeitet, kann sich die Unterführung am Inneren Stockweg in Deisenhofen ansehen. Dort hat er zusammen mit dem Graffiti-Künstler Max Strasser und ein paar Jugendlichen nach dem Motto "Oberhaching erleben" gesprüht.

© SZ vom 17.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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