Haushaltsberatungen des Landkreises:Asyl dominiert Planungen

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Landrat Christoph Göbel peilt eine Erhöhung der Kreisumlage an. (Foto: Claus Schunk)

Der Etatentwurf des Landrats für 2016 kalkuliert eine Erhöhung der Kreisumlage um vier Prozentpunkte ein. Christoph Göbel setzt die Abgabe aufgrund steigender Kosten der Flüchtlingsbetreuung bewusst hoch an

Von Stefan Galler, Landkreis

Auf Seite drei der Sitzungsvorlage für die Finanzausschusssitzung diesen Montag, 9. November, steht ganz unscheinbar und ohne großartige Erläuterungen der Kernsatz zum Haushaltsplan des Landkreises für das Jahr 2016: "Der Hebesatz für die Kreisumlage wird einheitlich auf 45,90 von Hundert festgesetzt."

Womit die Abgaben der Gemeinden an den Kreis um etwa vier Prozentpunkte steigen würden, das entspräche einem Gesamtbetrag von annähernd 40 Millionen Euro, der zusätzlich in die Kassen des Landratsamtes fließen würde. Der erhöhte Finanzbedarf hängt in erster Linie mit den Prognosen zusammen, wonach bis Ende 2016 mindestens bis zu 9000 Flüchtlinge im Landkreis untergebracht und betreut werden müssen. Stand heute. Doch Landrat Christoph Göbel (CSU) macht deutlich, dass die Rechnung "so einfach eben nicht ist", vielmehr stelle diese erste Rechnung ein "Worst-Case-Szenario" dar, das nun in den politischen Gremien diskutiert werden müsse: "Es ist mein Ziel, mit dem Kreistag gemeinsam zu erarbeiten, wie wir uns für die Eventualitäten dieser besonderen Herausforderung wappnen, ohne so drastisch in eine Anhebung der Kreisumlage gehen zu müssen", sagt Göbel, schließlich würde eine solche Erhöhung ärmere Gemeinden an den Rand ihrer Belastungsfähigkeit bringen.

Dem Verwaltungschef schwebt etwa vor, zunächst nur die feststehenden Ausgaben mit dem Haushalt zu beschließen und angesichts der völlig unwägbaren Zahlen und Entwicklungen weitere notwendige Investitionen im Bereich Asyl später in Form eines Nachtragshaushaltes zu verabschieden. "Nur muss allen klar sein, dass uns diese Ausgaben im Extremfall drohen können." Und genau das sei der Grund, warum der erste Entwurf mit diesen für die Kommunen erschreckenden Kosten bestückt ist.

Die Finanzplanung müsse "von Anfang bis Ende transparent" sein, fordert Göbel, auch um die öffentliche Debatte auf einem sachlichen Pfad führen zu können: "Ich halte nichts für gefährlicher, als gewissen Menschen das Argument in die Hand zu geben, wichtige Leistungen vor Ort müssten wegen höherer Kreisumlage gekürzt werden, damit das Geld für Flüchtlinge zur Verfügung steht", sagt der Landrat. Das sei der Hauptgrund, warum er für einen Nachtragshaushalt argumentieren werde, schließlich wolle er keineswegs "Arm gegen Arm befeuern und ungute Ressentiments begünstigen", so Göbel weiter. Ihm sei an einer politischen Diskussion ohne Polemik gelegen, weshalb er für Montag vor der Finanzausschusssitzung zu einer Zusammenkunft des Ältestenrates mit Fraktionsvorsitzenden und deren Stellvertretern geladen hat, um diesen seine Strategie zu erläutern.

Sollten in den kommenden 14 Monaten tatsächlich die prognostizierten 9000 Asylbewerber in den Landkreis kommen, so würden den Haushalt vor allem immense Mehrkosten im Personalbereich belasten: Etwa 174 Stellen müssten im Landratsamt zusätzlich geschaffen werden, um dem Verwaltungsaufwand Herr zu werden. Auch mit dieser Zahl gehen die Haushaltsplaner vom schlimmsten Fall aus, nämlich davon, dass der Landkreis die Sozialbetreuung der Asylbewerber komplett selbst finanzieren muss und nicht wie ursprünglich geplant, freie soziale Träger in diesem Bereich die Verantwortung übernehmen. Diese würden - im Gegensatz zum Landkreis - die ihnen entstehenden Kosten dem Freistaat Bayern in Rechnung stellen können, allerdings nur, wenn sie einen Eigenanteil selbst übernehmen würden. "Und bei den großen Zahlen an Flüchtlingen, die wir erwarten, können die Wohlfahrtsverbände diesen Eigenanteil nicht mehr selbst stemmen", erläutert Göbel, der auf eine Gesetzesänderung hofft: "Das Land arbeitet bereits an einer Reform. Wenn sie kommt, bin ich überzeugt, dass unsere Sozialverbände hier eingreifen und wir das nicht mit eigenem Personal leisten müssen."

Die Vorsitzenden der SPD- und Grünenfraktion äußern sich eher zurückhaltend zu einer womöglich drastischen Umlageerhöhung: "Vier Prozent Umlageerhöhung sind unakzeptabel", sagt der Grüne Christoph Nadler. Ein möglicher Nachtragshaushalt sei dagegen "ein Vorgehen, über das man reden kann". Nadler sieht vor allem den Freistaat in der Pflicht: "Es kann nicht sein, dass wir ständig das bezahlen, was eigentlich Landessache ist." Das sei vor allem ärmeren Landkreisen als dem wohlhabenden Landkreis München nicht zuzumuten, sagt Nadler. SPD-Fraktionschefin Ingrid Lenz-Aktas verweist auf den Beschluss aus dem Vorjahr: "Damals haben wir ohne Not und gegen SPD-Linie die Kreisumlage gesenkt. Dass das nicht richtig war, sehen wir jetzt."

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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