Wer mit der Bahn verhandelt, braucht für gewöhnlich einen langen Atem, bis sein Anliegen erhört oder gar umgesetzt wird. Die meisten Bürgermeister haben ganze Aktenordner voller Korrespondenz mit der Bahn im Rathaus stehen und stöhnen genervt über Stillstand anvisierter Projekte mit dem Unternehmen. Umso erstaunlicher ist es, was eine kleine Bürgerinitiative mit 184 Mitgliedern in Sachen Lärmschutz in den vergangenen Jahren erreicht hat. Die Interkommunale Lärmschutz-Initiative (ILI) hat sich so vehement und auch kompetent hinter das Problem der lärmenden Züge auf den Abstellgleisen geklemmt, dass die Münchner S-Bahnen tatsächlich umgerüstet wurden. Die Laien haben sich intensiv in die komplizierte Materie von Druckluftsystemen, Laufzeiten von Klimaanlagen und Schalldämpfung von Kondensat-Abscheidern eingearbeitet und ihr Wissen durch wissenschaftliche Studien untermauert, ihre Empfehlung sollte für Hersteller eigentlich Gold wert sein.
Dass die Errungenschaften der Vorkämpfer für nächtliche Ruhe am Bahngleis nun aber für zukünftige Generationen von S-Bahnen nicht verbindlich festgeschrieben werden können, nur weil es keine Vorschrift gibt, auf die sich die Bayerische Eisenbahngesellschaft bei einer Neuausschreibung berufen könnte, ist bitter und für Betroffene nicht nachvollziehbar. Zumal sich die Beteiligten hinter der Bürokratie verstecken und einer dem anderen die Lösung des Problems zuschiebt. In diesem Fall überlässt man es sogar einer Bürgerinitiative, dafür zu sorgen, dass sich Vorschriften ändern, an die man sich dann halten kann. Das zeugt nicht nur von wenig Selbstbewusstsein, wie Bürgermeister Schelle kritisiert, sondern ist geradezu beschämend und ein Zeichen von Ignoranz gegenüber den Lärmgeplagten. Wenn sich die BEG aus der Verantwortung stiehlt, weil sie sich nicht traut, Standards festzuschreiben, muss die Landespolitik der Eisenbahngesellschaft des Freistaats Dampf machen und den Lärmschutz vorschreiben.