Garching - Wer sich vor der Vielgestaltigkeit des Lebens ängstigt, vor anderen Menschen, Kulturen oder Denk- und Glaubensrichtungen, der sieht auch in der Kunst eine Bedrohung. Die Nationalsozialisten waren durchdrungen von solchem Argwohn, haben ihre Ideologie der Ausgrenzung und Diskriminierung bis zur Perversion betrieben mit Gewaltverbrechen genauso wie mit einer kulturellen Zensur, die alle Lebendigkeit künstlerischen Ausdrucks in ein Korsett schnürte. Der Schriftsteller Siegfried Lenz, selbst noch 1943 als Jugendlicher zur Marine eingezogen, wusste darum und hat den Widerstreit zwischen nationalsozialistischem Kulturverständnis und künstlerischer Unabhängigkeit 1968 in seinem Roman "Deutschstunde" verarbeitet. Darin schlägt sich ein Polizist gegen seinen Freund, den Künstler, auf die Seite der Nazis. Pflichterfüllung und Freiheitsliebe stehen sich hier gegenüber und kollidieren im dramatischen Verlauf der Handlung auf unheilvolle Weise. Der Sohn des Polizisten indes sieht sich auch nach dem Krieg noch in jenen politisch-moralisch-persönlichen Verflechtungen der Geschichte gefangen und droht dabei gar, sich selbst zu verlieren. Und doch ist es genau diese Figur, die uns lehrt, dass eine Gesellschaft die Nachgeborenen braucht, um von den ideologischen Beschränkungen der Vergangenheit geheilt zu werden. Das Münchner "A.gon Theater" hat die "Deutschstunde" unter Regie von Stefan Zimmermann als Schauspiel inszeniert. An diesem Donnerstag, 13. Oktober, von 20 Uhr an tritt das Ensemble im Bürgerhaus Garching auf.
Kulturtipp:Verflechtungen der Vergangenheit
Das Münchner A.gon Theater bring Siegfried Lenz' "Deutschstunde" auf die Bühne
Von Stefanie Schwetz
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