Kreistag:Surfen im Bus

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Kostenloser Wlan-Zugang soll den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen

Von Stefan Galler, Landkreis

Vermutlich hätte Jimmy Schulz selbst nicht gedacht, dass eine echte Chance bestehen könnte, sein Anliegen im Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur des Kreistags durchzubringen. Schulz' geschrumpfte FDP-Fraktion hat ohnehin derzeit einen schweren Stand im Kreistag, sieht sich mit ihren Initiativen und Meinungen oft isoliert. Und dann hatten bereits mehrere Autoritäten kritische Stellungnahmen zum von den Liberalen geforderten kostenlosen Wlan-Zugang in den MVV-Regionalbussen abgegeben.

So äußerte sich der MVV wie schon 2013, als die Grünen im Kreistag einen ähnlichen Antrag auf den Weg brachten, unverblümt ablehnend. Zwar sei die technische Realisierbarkeit gegeben, teilte Till Happel vom MVV-Bereich Regionalbus mit. "Es zeigen sich jedoch gerade im Bereich des Fernbuslinienverkehrs praktische Probleme, wie unzureichende Netzabdeckung, besonders in ländlichen Regionen, sowie zusätzlicher technischer/finanzieller Aufwand im Fall von verstärkter Nutzung des Wlan-Zugangs." Damit spielt Happel etwa auf die datenlastige Nutzung von Streaming-Diensten an. Bei Ausstattung aller etwa 150 MVV-Busse mit Wlan würden einmalig Anschaffungskosten von etwa 156 000 Euro fällig, hinzu kämen etwa 90 000 Euro jährlich an laufenden Kosten. Und auch die Landkreisverwaltung gab in der Sitzungsvorlage kaum Anlass zur Hoffnung, die FDP-Vision vom kostenfreien Internet im Omnibus sei zum Greifen nah: Man teile die Auffassung des MVV und halte die Einführung von Wlan in MVV-Regionalbussen generell für nicht empfehlenswert.

Doch dann stieg Jimmy Schulz in die Bütt, jener Politiker, der als allererster im Deutschen Bundestag eine Rede mit Hilfe eines Tablet-PC gehalten hatte. "Es ist an der Zeit, es noch einmal zu versuchen", sagte der Hohenbrunner mit Blick auf den gescheiterten Grünen-Antrag von 2013. Und dann setzte er den Kreistagskollegen auseinander, dass die vom MVV angeführten technischen Probleme längst gelöst seien, dass es rechtlich keine Grauzonen gebe und dass sehr wohl Möglichkeiten bestünden, den Verbrauch des Einzelnen zu drosseln, für den Fall, dass plötzlich ein ganzes Großraumfahrzeug voller Leute gleichzeitig Videos konsumieren sollte.

"90 Prozent der Leute haben sowieso ihr Smartphone an, Wlan wäre ein wesentliches Feature für unseren öffentlichen Personennahverkehr, auch um die Attraktivität zu steigern", sagte Schulz. Die Tatsache, dass man in vielen anderen Regionen in der ganzen Welt bereits im öffentlichen Nahverkehr kostenlos ins Internet gehen könne, führte Schulz ebenfalls an und erhielt Unterstützung vom Grünen Markus Büchler: "Ich plädiere stark dafür. Zumindest in jeder Buslinie, die längere Strecken fährt, etwa die verknüpften Tangentialen, würde das Sinn machen."

Landrat Christoph Göbel (CSU) zeigte sich insbesondere von der leidenschaftlichen Rede des FDP-Mannes beeindruckt: "Mich hat dieser Vortrag überzeugt", sagte der Gräfelfinger, der lediglich zu bedenken gab, dass sich Fahrgäste möglicherweise über eine erhöhte Strahlung in den Bussen infolge des angebotenen Wlan beklagen könnten. "Wenn jeder einzeln per Handy mit seinen Providern verbunden ist, verursacht das wohl mehr Strahlung als wenn alle gebündelt über ein Netzwerk surfen", entgegnete Schulz. Vor allem die höhere Attraktivität des ÖPNV durch ein derartiges Angebot überzeugte Göbel und in der Folge auch sämtliche Kollegen im Mobilitätsausschuss. Allerdings beschloss das Gremium keine Umrüstung des bestehenden Fuhrparks, sondern lediglich, bei Neuausschreibung einer Linie die Einrichtung eines drahtlosen Netzwerkes als zusätzliches Merkmal des Bieterwettbewerbs mit aufzunehmen.

© SZ vom 18.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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