Kreisfinanzen:"Disziplinierte Selbstkasteiung"

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Die Gewerbesteuereinnahmen werden im Lankdreis München weiter zulegen. (Foto: dpa)

Die Steuereinnahmen sprudeln, die Wirtschaft wächst weiter - dennoch stehen dem Landkreis finanzpolitisch düstere Zeiten bevor. Zudem könnten Kommunen juristisch gegen ihre Beteiligung an der Kreisumlage vorgehen.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Es sind vor allem Sätze wie jene auf Seite 26 des 92 Seiten starken Vorentwurfs der Finanzverwaltung im Landratsamt, die den Kreisräten im Finanzausschuss des Kreistags an diesem Montag (14 Uhr) Sorgen bereiten dürften. Beim Ausblick auf das Haushaltsjahr 2018, steht dort geschrieben, zeichne sich "ein düsteres Bild". Es drohe "ein dauerhafter Zustand ohne finanzielle Gestaltungsspielräume". Aufgrund der "mannigfaltig eingegangenen Ausgabeverpflichtungen" sei eine "disziplinierte Selbstkasteiung künftig alternativlos".

Wenn die Kreisräte also an diesem Montag intensiv in die Beratungen des Kreisetats 2018 eintreten, werden sie einerseits Einsparmöglichkeiten erörtern, andererseits über deutlich höhere Beteiligungen für die Kommunen durch die Kreisumlage sprechen müssen. Denn - Stand heute - scheint es ausgeschlossen zu sein, dass der Hebesatz, der den Anteil der 29 Städte und Gemeinden am Kreishaushalt regelt, weiter auf dem ohnehin niedrigen Niveau von 44,9 Punkten verharren wird. Der derzeitige Vorentwurf des Haushalts sieht eine Steigerung auf 46,8 Punkte vor, was insbesondere für die wohlhabenden Kommunen wie Grünwald, Unterschleißheim und Pullach spürbar Folgen haben würde.

Diese Entwicklung fällt in eine Zeit, in der der Landkreis erstmals die Grenze von einer Milliarde Euro bei der Umlagekraft überschreiten wird. Ein Wert, der unter den bayerischen Landkreisen seinesgleichen sucht und für die anhaltende wirtschaftliche Prosperität des Münchner Umlands spricht. Die Gewerbesteuereinnahmen der 29 Kommunen des Landkreises werden um etwa zwölf Prozent oder gut 90 Millionen Euro zulegen, vor allem in Grünwald, Unterschleißheim und Pullach. Zum Vergleich: Die Umlagekraft des Landkreises Starnberg wird im kommenden Jahr bei etwa 200 Millionen Euro liegen, die des Kreises Ebersberg bei etwa 163 Millionen Euro.

Unterföhring droht Einbruch bei der Umlagekraft

Mit diesem Spitzenwert sind für den Landkreis München allerdings erhebliche finanzielle Verpflichtungen verbunden, die sich im kommenden Jahr massiv auf den Schuldenstand auswirken werden, da neue Kreditaufnahmen laut Kreiskämmerer Markus Kasper unumgänglich sein werden. Hintergrund dieser Entwicklung ist die bevorstehende Erhöhung der Bezirksumlage auf 21 Punkte, die den Landkreis München bis zu zwölf Millionen Euro zusätzlich kosten könnte, sowie die rückwirkende Neustrukturierung der Finanzierung der weiterführenden Schulen. Hierbei kommen auf den Landkreis mehr als 70 Millionen Euro an Rückzahlungen an die Kommunen zu. Auf einen Geldsegen werden sich die Städte und Gemeinden dennoch nicht freuen können. Steigt die Kreisumlage auf bis zu 46,8 Punkte, würden etwa die anteiligen Leistungen der Gemeinde Grünwald von 86 auf nahezu 119 Millionen Euro explodieren. Pullach hätte statt bisher 13 mehr als 20 Millionen Euro zu stemmen. Und da alles an der Umlagekraft liegt, würde demgegenüber der Anteil Unterföhrings von 66 auf nur mehr 60 Millionen Euro sinken, da der Kommune ein wahrer Einbruch bei der Umlagekraft, vor allem bei den Gewerbesteuereinnahmen prognostiziert wird.

Über all dem schwebt zudem das Damoklesschwert möglicher juristischer Folgen durch das Forchheimer Urteil (siehe Kasten). Die Große Kreisstadt in Oberfranken hat mit ihrer erfolgreichen Klage gegen ihren Kreisumlagebescheid aus dem Jahr 2014 vor dem Bayreuther Verwaltungsgericht in vielen Landkreisen die Befürchtungen ausgelöst, andere Kommunen könnten denselben Weg einschlagen. Dementsprechend vorsichtig äußert sich Kreiskämmerer Markus Kasper zu der Gerichtsentscheidung. Die Festsetzung der Kreisumlage, lässt Kasper verlauten, sei "bereits mehrfach Gegenstand von bayerischen Gerichtsentscheidungen gewesen", bisher aber sahen die Gerichte keinen Anlass, "ein formalisiertes Verfahren zur Ermittlung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Umlage pflichtigen Gemeinden zu fordern". Erst wenn die Urteilsbegründung vorliegt, sagt der Kämmerer, "können Schlussfolgerungen aus dem Urteil gezogen werden". Dennoch sagt Kasper, könne das Verfahren zur Festsetzung der Kreisumlage wie der Bezirksumlage aus Sicht des Landratsamtes "bayernweit nur einheitlich erfolgen". Im Hinblick auf "die möglichen Auswirkungen dieses Urteils wäre eine obergerichtliche Entscheidung sehr hilfreich", lässt er verlauten.

Der Landkreis, sagt der Kämmerer, sei bei der Festsetzung der Kreisumlage "immer sehr maßvoll" vorgegangen. Auch mit Blick auf den Haushalt 2018 werde "auf die Belange der kreisangehörigen Städte und Gemeinden Rücksicht genommen". Maß und Mitte werden aber kaum bedeuten, dass der Hebesatz auf dem derzeitig Niveau wird bleiben können. Die Beratungen der Kreisräte versprechen also Spannung.

© SZ vom 06.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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