Kreis und quer:Zugereiste Einheimische

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Wer in Oberhaching Einheimischer sein will, muss zählen können

Von Iris Hilberth

Das Hachinger Tal gilt bekanntlich schon verdammt lange als bevorzugte Wohngegend. Hier kommen die Leute seit jeher gerne hin, um zu siedeln. Ausgrabungen belegen, dass entlang des Hachinger Bachs seit mindestens 3000 Jahren Leute wohnen. Kelten, Römer, Bajuwaren, Norddeutsche. Alle schon da gewesen oder immer noch anwesend. Wer von all denen allerdings echte Einheimische sind, ist eine komplizierte Frage. Denn wenn man es genau nimmt, war sogar der gute alte Hacho vom Adelsgeschlecht der Hahilinga, der dieser Gegend südöstlich von München laut einer alten Urkunde von 806 seinen Namen verpasste, ein Zugereister.

Im Prinzip könnte es ja total überflüssig sein, sich darüber Gedanken zu machen, wer zuerst oder zumindest länger da war. Es sei denn, man will denjenigen, die immer schon da gewohnt haben, bevorzugt Grund oder Wohnung anbieten, um zu vermeiden, dass hauptsächlich Fremde mit recht viel Geld zukünftig die Gegend besiedeln. Dann muss man sich, wie die Gemeinde Oberhaching, in die komplizierte Definition des echten Oberhachingers einarbeiten. Leicht ist das jedenfalls nicht. Weder mit einem oberbayerischen Sprachtest noch mit dem Abstammungsnachweis durch die Geburtsurkunde ist es getan. Denn Einheimische sind keine Eingeborenen und Fremde irgendwann auch Einheimische. Hier ist also Fingerspitzengefühl gefragt, wenn es die richtigen Oberhachinger treffen soll, ohne dass die anderen sich benachteiligt fühlen. Ansonsten bekommt man Ärger mit dem Europäischen Gerichtshof, der auf das Gleichheitsprinzip pocht.

Also muss man sich mit so schwierigen Entscheidungen herumschlagen, ob einer, der drei Jahre lang in München gelebt hat, nach seiner Rückkehr in die alte Heimat immer noch Oberhachinger ist. Oder ist er weniger Einheimischer als einer, der vier Jahre in Ismaning gelebt hat, weil Ismaning im Landkreis und nicht in der Stadt liegt? Und: Darf jemand, der sogar im Ausland war, wieder ein richtiger Oberhachinger werden? Kann er, haben die Gemeinderäte entschieden. Aber nur, wenn er nicht länger als zwei Jahre lang weg war und zuvor eine Dekade lang ununterbrochen in Oberhaching gelebt hat. Eine gar nicht so einfache Rechnung, zumal jemand, der immer hin- und hergezogen ist und in Oberhaching im eigenen Haus sesshaft werden will, auch seine bisherigen Oberhachinger Monate addieren darf.

Das war zu Zeiten der Römer sicherlich auch im Hachinger Tal einfacher. Einen Kriterienkatalog für Einheimischenmodelle brauchten die nicht. Denn wie der alte Methusalix in dem Asterix-Band "Das Geschenk Cäsars" schon sagte, als er mit seiner Frau über den zugereisten Orthopädix sprach: "Ich habe nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden da sind nicht von hier."

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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