Kreis und Quer:Zahlen unterm Tannenbaum

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Angesichts der Unmenge an Sitzungen in der Adventszeit dürften sich die Kreis- und Gemeinderäte noch nicht wirklich weihnachtlich fühlen

Von Iris Hilberth

Der echte Weihnachtsprofi hat seine To-Do-Liste schon Ende Oktober fertig und spätestens mit dem ersten Advent abgearbeitet. Die Geschenke sind alle längst gekauft und natürlich auch liebevoll eingepackt, zig Sorten Plätzchen gebacken und in Frischhaltedosen verstaut, das Festtagsmenü inklusive Zutatenliste ist zusammengestellt und freilich auch schon der Christbaum ausgesucht. Die meisten kennen solche Leute nur vom Hören-Sagen. Und man kann sich ob der vielen Menschen, die sich kurz vor dem Heiligen Abend durch die Geschäfte schieben, auf der verzweifelten Suche nach irgendeinem Geschenk, um anschließend noch einen mäßig ansehnliches Bäumchen von der Reste-Rampe des Baumarktes zu erstehen, kaum vorstellen, dass diese Spezies besonders verbreitet ist. Natürlich kann man sich heutzutage per Mausklick professionelle Hilfe holen. "Haushaltsfee.org" etwa bietet ein 21 Blatt umfassendes "Xmas Weihnachts-Planungs-Paket" mit so vielversprechenden Features wie dem Budgetplaner für Geschenke, der Inspirationsliste und dem Dekoprotokoll. Und alles für 16,59 Euro. Zu spät?

Was aber sollen denn da unsere Kommunalpolitiker sagen, die in der staden Zeit weiter denn je von jeglicher Beschaulichkeit entfernt sind? Auch wenn auf Sitzungstischen der Tannenzweig und im Foyer des Rathauses der Christbaum darauf aufmerksam machen: Bald schon ist Weihnachten. Die To-Do-Listen von Gemeinde- und Kreisräten sind ob eines Sitzungs-Marathons in den letzten Wochen vor dem Fest länger als das ganze Jahr über und ersticken jede Vorfreude auf eine Stille Nacht. 23 Punkte müssen die Kreisräte am Montag noch einmal bei ihrer Zusammenkunft in der "Krautgemeinde" Ismaning abarbeiten, bevor Landrat Christoph Göbel sie traditionell mit einem heimischen Krautkopf in die Weihnachtspause entlässt. Bei Diskussionen über die "Demenzstrategie" oder die "Erhöhung der örtlichen Regelbedarfsstufen", wird wenig Weihnachtsstimmung aufkommen. Geschweige denn bei der Debatte um den Kreisetat. Da hilft auch die "Haushaltsfee" nichts. Das Zahlenwerk, in der Regel so dick wie das Telefonbuch einer mittelgroßen Stadt, enthält bekanntlich wenig Besinnliches, sorgt aber dafür, dass keinem in der Adventszeit der Lesestoff ausgeht. Auch Taufkirchen hat sich statt mit Plätzchen in der staden Zeit mit Zahlen versorgt. Zwei dicke Ordner habe der Kämmerer ihm an die Tür gehängt, beklagte sich der Gemeinderat Michael Lilienthal. Dabei müssen Amtsträger nicht nur ihre umfangreichen Sitzungsunterlagen durcharbeiten, sondern sich auch noch bei den unzähligen Weihnachtsfeiern und Ehrungen blicken lassen. Wie es bei so vielen Terminen wohl um die Organisation des eigenen Fests bestellt ist? Vielleicht wird aus dem Haushalt vorgelesen. Oder es gibt Kohlköpfe aus Ismaning.

© SZ vom 12.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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