Kreis und Quer:Wo der Ball noch rund läuft

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Im Landkreis kicken viele Fußballer mit Herzblut und Talent, die albernen Rituale der Profis sparen sie sich

Kolumne von Stefan Galler

Es ist immer wieder drollig zu sehen, wie sich Fußballprofis während ihrer Unterhaltungen auf dem Platz oder der Reservebank die Hand vor den Mund halten, damit nicht irgendwelche findigen Lippenleser die ach so geheimen Absprachen mitbekommen. So genau hat sich noch niemandem erschlossen, was mit diesem seltsamen Getue eigentlich erreicht werden soll. Also außer natürlich zu verhindern, dass geniale taktische Winkelzüge vom Gegner erkannt und vorab unschädlich gemacht werden.

Wie herrlich unverkrampft geht es da doch auf den Amateurplätzen der Region zu. Beim jüngsten Bayernliga-Derby zwischen Ismaning und Unterföhring zum Beispiel nahm FCI-Torwart Sebastian Fritz weder die Hand noch ein Blatt vor den Mund, als er sich lautstark mit einigen Gästefans anlegte. Volksnähe bewies dann auch Föhrings Stürmer Andreas Faber, dem beim Jubel nach dem 2:0 die Kontaktlinse verrutschte. Er lieh sich das Handy eines Zuschauers, um das Malheur mittels Selfie-Modus zu beheben. Klappte zwar nicht ganz, er benötigte dann doch den größeren Spiegel in der Kabine; aber die Episode unterstrich, dass nicht nur die Topstars der Branche hohen Unterhaltungswert haben.

Für den Fußballfan alter Schule ist das, was gegenwärtig im Profibereich passiert, sowieso alles andere als großer Sport: Der Weltverband taumelt von einem Skandal in den nächsten, den Modus der neuen Nations League und der künftigen EM-Qualifikation verstehen vielleicht noch der Kreiskämmerer und ein paar andere zahlenaffine Leute. Und was bei den Bayern abgeht, ist absurdes Theater: Die Chefs halten skurrile Pressekonferenzen ab, der französische Altstar schlägert mit einem Experten, Spielerfrauen kritisieren in sozialen Medien den angeschlagenen Trainer. Trotz aller Unzulänglichkeiten rennen aber immer noch alle dem FC Hollywood die Bude ein. Wenn am Dienstag Benfica Lissabon in Fröttmaning gastiert, kann man sich wieder auf komplettes Verkehrschaos bei der An- und Abreise einstellen, dabei dürften Unterhaltungswert und Temperatur im Stadion weit unten angesiedelt sein. Macht nix, um in den Genuss eines Champions-League-Spiels zu kommen, berappt man doch gerne 80 Euro pro Ticket.

Die günstigere Alternative ist, mal wieder beim Fußballplatz in der eigenen Gemeinde vorbeizuschauen. Da sind die Jungs mit Herzblut dabei, auch wenn es nicht ums große Geld geht. Und im Landkreis gibt es viele Kicker, auf die das Prädikat Rumpelfüßler definitiv nicht zutrifft: In der Regionalliga (Garching, Heimstetten), Bayernliga (Pullach, Ismaning, Unterföhring) und Landesliga (Deisenhofen, Grünwald) spielen Talente, die oft nur um Haaresbreite an einer großen Karriere vorbeigeschrammt sind. Und dann gibt es da ja auch noch den Drittligisten Unterhaching. Dessen Präsident Manfred Schwabl hat das Vereinsmotto "Bodenständigkeit, Nachwuchsarbeit und Regionalität " ausgegeben. Und zwar keineswegs hinter vorgehaltener Hand.

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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