Kreis und quer:Warum wir ganz schön alt aussehen

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Im Landkreis München läuft es spitzenmäßig. Den Menschen geht es gut, und darum werden sie älter als anderswo. Zur Seniorenresidenz muss die Region aber nicht werden. Es gibt Spitzenideen, wie das zu verhindern wäre

Von Günther Knoll

Dass der Landkreis München in vielen Statistiken immer ganz weit vorne auftaucht, daran haben sich seine Bürger schon gewöhnt. Jetzt aber wurden sie mit einer Nachricht konfrontiert, die bei aller Freude auch ein wenig Besorgnis auslöst. Was nämlich die Lebenserwartung von Neugeborenen angeht, liegt sie derzeit für den männlichen Nachwuchs zwischen Oberschleißheim und Sauerlach bei 80,9 Jahren, nur die Starnberger - die also schon wieder - werden noch ein wenig älter, im Schnitt um vier Monate. Nach den Zahlen des Bundesinstituts für Stadt- und Raumforschung liegt die durchschnittliche Lebenserwartung für alle Babys im Landkreis sogar bei 84,3 Jahren. Auch das ist Spitze und nur vier Monate unter dem deutschen Höchstwert, der für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald errechnet wurde. Mit Leben in viel frischer Luft und Natur hat das trotzdem weniger zu tun: Die Medizin geht längst davon aus, dass das Lebensalter stark vom Wohlstand abhängt. Es ist also kein Zufall, dass etwa die Grünwalder und Pullacher in beiden einschlägigen Statistiken vorne auftauchen. Der Talmud sagt dazu: "Geld und Lachen können das Alter zur Jugend machen." Zwar lässt sich der Spaßfaktor nicht in Zahlen fassen, doch man darf annehmen, dass es da im Isartal auch ziemlich lustig zugeht. Und alt aussehen muss dort auch niemand - schon wegen der vielen ansässigen Schönheitschirurgen.

Wen aber nun die Angst umtreibt, die Gegend rund um München könnte zu einer einzigen Seniorenresidenz werden, der muss sich nur an die Junge Union halten. Deren Jungspunde fordern ausgehend von solchen Hochrechnungen, das Rentenalter heraufsetzen nach dem Motto: Wer locker 90 werden kann, der kann auch leicht arbeiten, bis er 75 ist. Wenn einer das dann aber in die Tat umsetzen will, ist's auch wieder nichts, sonst würde Aschheim im Ranking der Bürgermeister nach Lebensalter heute womöglich den Spitzenplatz einnehmen. Tatsache ist: Im Jahr 2030 wird fast ein Viertel der Landkreisbevölkerung mindestens 65 Jahre alt sein, und das bei einem Bevölkerungswachstum von mehr als 13 Prozent, was - nur nebenbei - natürlich im bundesdeutschen Vergleich auch wieder spitze ist.

Die Menschen kommen aber nicht hierher in der Hoffnung, möglichst alt zu werden. Was zieht, sind die vielen Arbeitsplätze, die Verdienstmöglichkeiten, die Infrastruktur, der Freizeitwert. Und manche werden auch durch anderes angelockt - in Unterföhring zum Beispiel durch kostenlose Kinderbetreuung. Nicht umsonst ist die Mediengemeinde mit einem Altersschnitt von 40 Jahren derzeit eine der jüngsten im Land. Das Durchschnittsalter der Landkreisbürger beträgt derzeit 44,3 Jahre, bis 2030 wird es auf 45,9 Jahre ansteigen. Und da ist die Möglichkeit noch gar nicht eingerechnet, dass in der Zwischenzeit eine Gemeinde gebührenfreie Plätze im Seniorenheim anbietet.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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