Kreis und quer:Von Oimijakon bis Ottobrunn

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Andernorts müssen Kinder oft tagelange Wegstrecken auf sich nehmen, um zur Schule zu kommen. Im Landkreis hat dagegen fast jede Gemeinde ihre Lehranstalt.

Von Iris Hilberth

Man stelle sich mal vor, unsere Mädchen und Buben müssten morgens an Tigern und Schakalen vorbei, um pünktlich zum Matheunterricht zu kommen. Oder erst einmal durch die Steppe reiten, bevor sie in der Klasse Vokabeln büffeln. Es gibt viele Geschichten von Kindern, die lange und beschwerliche Reisen auf sich nehmen, um in die Schule zu kommen. Der Dokumentarfilm "Auf dem Weg zur Schule" hat vor ein paar Jahren einige zusammengetragen. Die von Vidal etwa, der im sibirischen Oimijakon lebt, dem kältesten Ort der Erde, wo das Thermometer im Winter 40 Grad minus anzeigt. Oder von den Schülern in Peru, die mit Schilfkanus über den Titicacasee müssen. Den weltweit längsten Schulweg schreibt man den Kindern aus dem Dorf Zangla im indischen Himalaja zu. Sie haben vier Tage Fußmarsch zu bewältigen. Auch hierzulande erzählen die Älteren gerne der verwöhnten Generation Rücksitz, wann sie aufstehen mussten, um im Bayerischen Wald das nächste Gymnasium zu erreichen, oder dass sie von der Insel Juist eineinhalb Stunden mit der Fähre bis zur Berufsschule am Festland gebraucht haben.

Lange Schulwege mögen zwar auf den ersten Blick körperlich fit halten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht vorbeugen oder gar wie im Kenianischen Hochland Olympiasieger im Marathon hervorbringen. Der Gesundheit insgesamt soll eine beschwerliche Anreise zum Lernort aber nicht zuträglich sein. Das hat das Frankfurter Forschungszentrum Demografischer Wandel herausgefunden: Jugendliche mit einem langen Schulweg klagen häufiger über mentale Probleme. Oder anders gesagt: Pendeln stresst. Laut der Studie müssen auch heute noch 15 Prozent der Schüler länger als 45 Minuten gehen oder fahren, um zur Schule zu kommen. Denn die Zahl der weiterführenden Schule in Deutschland ist laut Statistischen Bundesamt seit 1990 von 15 000 auf 12 000 gesunken.

Während man aber andernorts schon lange vor der Morgendämmerung am Schulbus steht, können Schüler im Landkreis München sich in der Früh noch mal umdrehen. Inzwischen gibt es in nahezu jeder der 29 Gemeinden wenigstens ein Gymnasium oder eine Realschule. Und kaum versieht man sich, ist in der Nähe schon wieder eine neue Schule entstanden. Die jüngsten Meldungen: Spatenstich Gymnasium in Unterföhring, Planungen für Realschule und Fachoberschule in Oberhaching, neue Gymnasien in Aschheim und Kirchheim, Anbauten an die Gymnasien in Grünwald und Unterschleißheim, Pläne für einen Schulcampus in Haar, Diskussionen über eine Realschule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn und ein Gymnasium in Sauerlach. Aber auch wer seine Abiprüfung hinter sich hat, muss den Landkreis immer seltener verlassen, um weiter zu lernen. Diese Woche begann die TU in Garching mit dem Bau der Fakultät für Elektrotechnik. Und in Ottobrunn soll man zukünftig Raumfahrt studieren können. Auf kurzen Wegen - zumindest für die Theorie.

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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