Kreis und quer:Überflieger mit Bodenhaftung

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Der Overfly - einst das Lieblingsprojekt von Aschheims ehemaligem Bürgermeister Englmann - kommt. Ein gigantisches Bauprojekt, das doppelt so teuer wird, wie ursprünglich angenommen. Da jubeln nicht einmal mehr die größten Kreiselfans

Von Günther Knoll

Überflieger müsste man sein. Das denkt man sich bisweilen, nicht nur, wenn man auf der A 99 wieder mal warten muss, weil es nicht weiter geht. Die englische Version, der Overfly nämlich, soll nun tatsächlich dieser allmorgendlichen Plage an der Ausfahrt Aschheim-Ismaning ein Ende bereiten helfen. Dieser Overfly war eines der Lieblingwörter des ohnehin sehr eloquenten ehemaligen Bürgermeisters von Aschheim Helmut Englmann. Der konnte sich als leidenschaftlicher Verkehrsplaner nicht nur mit vielen Kreisellösungen selbst verwirklichen, sondern schuf mit seiner Gemeinde im Alleingang tatsächlich auch eine Überflug-Version an der Aschheimer Autobahnausfahrt - allerdings im bescheidenen Format. Seinerzeit wurde er dafür belächelt, dass er von einer viel größeren Brücke träumte, die das Überfliegen und Einordnen ermöglicht und damit diesen lästigen Knoten entwirrt hätte.

Und dann kommen die Überflieger einer Planungsbehörde und bauen fast das nach, was Englmann schon vorgeschlagen hatte. Das Prädikat Überflieger hat man ihm damit vorenthalten, doch entpuppt sich der CSU-Kommunalpolitiker nun als verkannter Visionär. Dass der Neubau der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning nun örtlich ein bisschen verschoben stattfindet, tut dabei wenig zur Sache. Viel gravierender ist, dass die Maßnahme zu Bürgermeister Englmanns Zeiten wohl auch um einiges billiger zu verwirklichen gewesen wäre. Ein Voll-Kleeblatt, ein Kreisel und - natürlich - ein Overfly: Was sich so viel kreativer anhört als schnöder Straßenbau mit Asphalt, das kostet auch. Ursprünglich, nämlich nach der Planfeststellung im Jahr 2008, hatte die Autobahndirektion schon mit stolzen 22 Millionen Euro kalkuliert, 2012, als es um die finanzielle Beteiligung des Landkreises München ging, war dann von 25 Millionen die Rede. Inzwischen muss man einräumen, dass das Ganze wohl etwa doppelt so teuer wird. Und weil bei diesem finanziellen Overfly gut sieben Millionen Euro auf den Landkreis München fallen könnten, müsste der, obwohl er sicher nicht zu den Ärmsten im Lande gehört, ein Überflieger in Sachen Reichtum sein.

Erst recht, wenn jetzt, wo die Stadt München noch einmal 20 000 neue Bürger in einem neuen Stadtviertel in Freiham unterbringen wird, wegen der Verkehrsanbindung wieder einmal der Ruf nach dem Ringschluss der A 99 laut wird. Dieser Evergreen wäre technisch wohl mit einem riesigen Overfly über das Isartal und den Münchner Süden lösbar. Weil das aber die Landschaft dort extrem verschandeln würde und überhaupt jede oberflächig geführte Trasse den Erholungsraum zerschnitte, müsste dann schon im Grunde eine Tunnellösung her. Von der zu sprechen aber traut sich offen niemand. In erster Linie deshalb, weil sie finanziell utopisch erscheint, in zweiter Linie aber auch, weil dem, der solches vorschlägt, möglicherweise schnell das Attribut Maulwurf anhaftete. Und das würde wohl so manchen Überflieger-Traum zunichte machen.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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