Kreis und quer:Schlapphüte suchen das Licht

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Vom Bundesnachrichtendienst kann manch Bürgermeister noch etwas lernen - ausgerechnet in Sachen Transparenz

Kolumne Von Bernhard Lohr

Jetzt hat es doch glatt jemand mitgekriegt: Beim Bundesnachrichtendienst (BND) werden die Umzugskisten gepackt. Die erste Abteilung ist schon in den Neubau in Berlin-Mitte eingezogen. Die Terrorbekämpfer sind in dem Riesengebäude untergebracht und viele andere Agenten werden folgen. Und so hallt in Pullach beim BND mittlerweile der Ruf durch die Hallen: Berlin, Berlin - wir fahren nach Berlin. Der langjährige Hauptsitz der Geheimdienstler in Pullach wird zur Filiale. Und BND-Chef Bruno Kahl sagt, dass er sich von dem Umzug auch einen Neuanfang erhoffe. Man wolle raus aus den dunklen Mauern und dem dunklen Wald in Pullach, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Die Behörde habe keinen Grund, sich zu verstecken.

Das klingt richtig gut. Da sucht der Chef des Geheimdiensts das Licht der Öffentlichkeit. Er will wohl das Bild von den Männern mit Schlapphüten beiseite wischen, die sich in dunklen Ecken herumdrücken. Das hat ja auch nichts mehr mit der Welt von heute zu tun, in der es darum geht, die klügsten Köpfe ins Haus zu holen. Raus aus dem Wald in Pullach, rein ins digitale Zeitalter. Und so müht sich der BND um Transparenz. So wie sich ein Geheimdienst eben Transparenz vorstellt. Zum Umzug in die Hauptstadt erfährt der interessierte Bundesbürger, dass 58 000 Möbelstücke auf die Reise gehen an die Chausseestraße in Berlin-Mitte - und 100 000 Umzugskartons. Was drin ist in den Kartons, bleibt geheim.

Die Bürgermeister im Landkreis werden es verstehen, die vor Wahlen stets von Transparenz sprechen und dann doch erleben, dass ihnen die Bürger vorwerfen, sie führten ihre Rathäuser auch nicht anders als der Geheimdienst. Wenn Bürgern ein Projekt in ihrer Gemeinde nicht gefällt, sind sie schnell dabei, den Rathäusern vorzuwerfen, von Transparenz nur zu reden. Und ein Bürgermeister wie Ullrich Sander in Taufkirchen liefert ihnen die Bestätigung, wenn er eine Entscheidung über ein Bauvorhaben beim größten Sportverein in nichtöffentlicher Sitzung beschließen lässt. Alles nur Heimlichtuer, die immer nur schön von Transparenz reden.

Dabei wissen viele Bürgermeister wohl, dass Offenheit wichtig ist. Bürgerworkshops haben Konjunktur. Leitbilddiskussionen werden geführt und Bürgerversammlungen zu allen möglichen Themen einberufen. Doch was soll man machen, wenn in Feldkirchen nur eine Handvoll Interessierter zur Bürgerversammlung kommt? Und was soll ein Bürgermeister tun, wenn - wie etwa jetzt in Haar - nach Jahren öffentlicher Debatte über einen Schulbau und nach etlichen Gutachten Bürger klagen, die im Rathaus machten doch, was sie wollten? Es gehört schon auch dazu, sich zu informieren. Jeder ist da in der Pflicht. Der BND kann sogar als Vorbild dienen: Seine Hauptaufgabe ist nicht das Versteckspielen, sondern die Informationsbeschaffung.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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