Kreis und quer:Schatten an der Wand

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Wenn im Kinderzimmer ein Poster von Markus Söder hängt, sollten die Eltern sich Gedanken machen

Kolumne Von Martin Mühlfenzl

Es södert im Landkreis. Das klingt ein bisschen eklig - und das ist es auch. Der Bald-Ministerpräsident ist ja trotz des Berliner Koalitionspokers derart omnipräsent, dass sich Eltern Sorgen um ihre Kinder machen müssen. Nicht dass die Kleinen noch auf dumme Gedanken kommen und Poster des Finanzministers an die Dachschräge pappen - wie einst Markus Söder, der im heimischen Jugendzimmer das Konterfei von Franz Josef Strauß anhimmelte.

Die politische Zeitenwende, die in Berlin sehr wahrscheinlich ausbleibt, steht dem Freistaat kurz bevor. Der Franke Söder wird in die Staatskanzlei einziehen und sein Porträt bald in sehr vielen Amtsstuben hängen. Aber sicher nicht nur dort. Die Leidenschaft, mit der manche CSU-Granden und vor allem auch JUler im Landkreis den bevorstehenden Machtwechsel in Bayern begleiten, legt den Verdacht nahe, dass manch einer im Schlafzimmer ebenfalls einen kleinen Söder-Altar samt Lichtlein anbetet. Der neue Heilsbringer soll es schließlich gut mit allen meinen.

Mit dem ein oder anderen vielleicht sogar noch etwas besser. Mit Ernst Weidenbusch zum Beispiel. Dem ausgewiesenen Finanzexperten der CSU-Fraktion im Landtag, der bei den Verhandlungen um die Skandalbank Hypo Alpe Adria die Österreicher zur Weißglut brachte, wird immer wieder nachgesagt, Ambitionen auf einen Kabinettsposten zu haben. Mit Söder könnte Weidenbuschs Zeit gekommen sein - wenigstens als Staatssekretär. Oder gar als Finanzminister? Der Job wird ja garantiert frei. Nicht zuletzt der gemeinsame Auftritt der beiden CSU-Alphatiere Söder und Weidenbusch beim Neujahrsempfang der CSU in Unterföhring hat gezeigt, wie innig das Verhältnis der beiden ist - und wie sehr Weidenbusch dieses auch pflegt. In Ottobrunn lieferte Weidenbusch gar eine Rede ab, die mehr war als nur ein kurzer Ausblick auf das neue Jahr. Es war die Regierungserklärung eines Mannes, der sehr bald mitregieren könnte.

Doch auch die Jugend stellt sich bereits auf neue Verhältnisse ein. Ob Thomas Pardeller, der Kreisrat und Vordenker der Jungen Union im Landkreis, ein Poster von Markus Söder zuhause hängen hat, ist nicht überliefert; den neuen Ministerpräsidenten aber trägt er ganz sicher im schwarzen Herzen. Daher ist auch der Schnitt so radikal, den Pardeller macht - und der bereits am 24. September begonnen hat: Da hat er als einer der ersten gesagt, Horst Seehofer habe das hundsmiserable Wahlergebnis zu verantworten und die Zukunft der Partei könne nur einen Namen tragen: Markus Söder.

Wer es gut meint mit der CSU im Landkreis, nennt diese herzzereißende Treue zum neuen Landesvater Geschlossenheit. Bösere Zungen behaupten, da lassen sich Speichellecker vom Veitshöchheimer Verführer einfangen. Also Eltern, aufgemerkt und einen schnellen Blick ins Kinder- oder Jugendzimmer werfen. Hängt dort ein Söder, sollte man das Gespräch mit dem Nachwuchs suchen.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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