Kreis und quer:Lästiger Springteufel

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Wie wird man seinen Bürgermeister los? Einfach mal in Taufkirchen nachfragen, oder? Dort muss man es ja wissen

Von Iris Hilberth

Es ist ein Kinderspiel und von außen betrachtet ganz harmlos. Eine nette, bunte Schachtel eben. Dennoch gilt: Bloß nicht öffnen! Drinnen haust der Springteufel, der - kaum betätigt man arglos die kleine Kurbel, damit nette Musik ertönt - mit Wucht dem Ahnungslosen entgegen kommt. Immer und immer wieder. So in etwa ergeht es Taufkirchen, der Gemeinde, die ihren Bürgermeister los wurde. Das ist lange her, bald jährt sich der Tag, an dem Jörg Pötke frühzeitig seinen Schreibtisch im Rathaus räumen musste, zum dritten Mal. Aus der Welt ist die Geschichte mit dem angeblichen Mobbing-Bürgermeister aber nicht. Schließlich war es dieser Coup, der die Kommune deutschlandweit bekannt machte. Und heutzutage langen ein paar Klicks, um noch einmal alles genau nachzulesen. Wer im Internet nach "Taufkirchen" sucht oder "Dienstenthebung" eingibt, landet schnell bei diesen Informationen. Auch im Allgäu dachte sich daher einer: Frag ich doch mal bei der SZ-Redaktion im Landkreis München nach, wie man am besten seinen Bürgermeister loswerden kann. Den einen oder anderen Tipp werden die als Taufkirchen-Kenner schon haben.

Das mag sein, liebe Allgäuer. Doch dabei heißt es: Obacht geben. Der Deal mit dem Springteufel kann gefährlich sein und ungeahnte Nachwirkungen haben. Die Opfer, die Taufkirchen gebracht hat, heißen: zerstrittene Verwaltung, lange lahmgelegtes Rathaus, Blockaden im Gemeinderat, Schlammschlacht vor Gericht, negative Schlagzeilen und vor allem ein echtes Image-Problem. Nebenan ist Unterhaching, allen Abstiegen zum Trotz, noch immer die Sport- oder auch Geothermie-Gemeinde. Drüben: Grünwald, die Luxus-Gemeinde, im Norden: Unterföhring, die Medien-Gemeinde. Selbst Ismaning, die Kraut-Gemeinde hat etwas Nettes. Gut, mit Neubiberg, das sein Image als Schlafstadt loswerden wollte und inzwischen wegen eines kleinen Krabblers eher als schlaflos gilt, ist vielleicht auch nicht so glücklich über seine neu errungene Bekanntheit durch den Laubholzbockkäfer. Und Taufkirchen? Womöglich bleibt sie noch lange die Mobbing-Gemeinde.

Dabei strengen sich die Taufkirchner wirklich an, "vom idyllischen Dorf zur modernen Kommune mit Flair" zu werden, wie es in der schicken Image-Broschüre des Ritter-Hilprand-Hofs heißt, der sich jetzt Kultur- und Kongresszentrum nennt. Hier haben zwei echte Event-Profis inzwischen wirklich eine Metamorphose vollbracht. Doch das Kulturprogramm ist eine Nebensache, verglichen mit dem Image einer gesamten Gemeinde. Die versucht, mit einem neuen Logo oder der Änderung von Postleitzahlen die Gemeinde in ein besserer Licht zu rücken. Doch jeder weiß: alles nur Verpackung. Also: Bloß nicht anfassen. Und unbedingt geschlossen lassen!

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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