Kreis und quer:Helfen ist Pflicht

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Der Landkreis München steuert in der Asylpolitik auf unruhige Zeiten zu. Ohne Unterstützung durch den Freistaat sind die Aufgaben nicht zu bewältigen

Kolumne von Martin Mühlfenzl

Es war ein sensationelles Signal, das da aus der Staatskanzlei kam - und sogar noch in Wien nachhallte. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bezeichnete es als "Christenpflicht", dass Deutschland etwas mehr als 1500 Geflüchteten, die derzeit noch auf der griechischen Insel Lesbos ausharren, Schutz bieten wird. Und als Söders Vorgänger Horst Seehofer in seiner Funktion als Bundesinnenminister sagte, er sei enttäuscht von der österreichischen Bundesregierung, weil diese nicht einen einzigen Schutzsuchenden aufnehmen wolle, löste das ein politisches Beben aus.

Auf der großen politischen Bühne ist etwas in Bewegung geraten, das noch vor wenigen Wochen als undenkbar galt. Die Union lenkt in der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen zumindest ein klein wenig ein. Aber "die" Union gibt es ja ohnehin nicht - das ist auf der kleinen Bühne immer wieder zu beobachten. In der Sitzung des Kreisausschusses erhob Nicola Gerhardt von der CSU diese Woche die Stimme und kritisierte, dass immer wieder Geflüchtete Schreiben von der Regierung von Oberbayern bekämen, mit der Aufforderung, Geld zurückzuhalten, um etwaige Nachforderungen für die Unterbringungskosten bezahlen zu können.

Kosten, für die der Staat zuständig ist, denn in seiner Verantwortung liegt es, Menschen auch menschenwürdig unterzubringen. Nun gehört Gerhardt in ihrer Funktion als Leiterin des Garchinger Asylhelferkreises ohnehin zu jenen, die in Fragen der Asylpolitik gerne auf Konfrontationskurs zur CSU-geführten Staatsregierung gehen - immer wieder mit der Forderung, der Freistaat könne mehr leisten.

Das gilt auch, wenn es darum geht, die Kommunen und Landkreise stärker zu unterstützen und nicht nur mit immer mehr staatlichen Aufgaben zu beladen. Vor allem der Landkreis München steuert in der Asylpolitik auf unruhige Zeiten zu, in denen er finanzielle, aber auch bürokratische Unterstützung wird brauchen können. Für mehrere Asylunterkünfte laufen in den kommenden fünf Jahren Baugenehmigungen aus, die aufgrund der Gesetzeslage derzeit auch nicht verlängert werden können.

Hunderte Geflüchtete - vor allem anerkannte - könnten von einem Moment auf den anderen auf der Straße stehen, weil der vollkommen überhitzte Wohnungsmarkt auch nichts mehr hergibt. Bisher hat die Staatsregierung nicht zu erkennen gegeben, den Landkreisen und Kommunen mehr finanzielle Hilfen zukommen zu lassen. Alles was über ohnehin viel zu niedrige Pauschalen hinausgeht, ist der Söderschen Regierung offensichtlich zu teuer. Das muss sich ändern - und der Freistaat sollte sich auch dafür einsetzen, das Baugesetzbuch zu modifizieren, um die Genehmigungen für die Unterkünfte deutlich verlängern zu können,

Der Freistaat kann mehr, er wird auch mehr leisten müssen, wenn wieder mehr Schutzsuchende hierher kommen. Eines aber ist klar: Ohne die Kommunen wird es dabei nicht gehen. Es ist Markus Söders oberste Pflicht, ihnen zu helfen.

© SZ vom 19.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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