Kreis und quer:Heimchen vom Herd

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Gerade im Sommer gehen Kommunalpolitik und Büffet oftmals eine enge Verbindung ein. Irgendwie muss man sich schließlich in langen Debatten über Wasser halten. Eine Ernährungsberaterin aus Neubiberg könnte bei der Speisenauswahl nun ein neues Kapitel einleiten

Von Iris Hilberth

Der Juli ist die Zeit der Sommerfeste. Menschen mit vielen Kontakten und noch mehr Einladungen wie Bürgermeister oder Mütter mit mehreren Kindern sollen sich in den Wochen vor den großen Ferien quasi von einer Veranstaltung zur nächsten durchfuttern. "Für das leibliche Wohl ist gesorgt", wird stets vollmundig versprochen, und man kann darauf wetten, dass Gegrilltes und Selbstgebackenes auf dem Speiseplan stehen. Nicht auszudenken, mit wie vielen Würstchen, Schweinenackensteaks und Marmorkuchen im Bauch ein Rathauschef in die Sommerpause geht.

Es sei ihm aber gegönnt, muss sich ein Kommunalpolitiker in Sitzungswochen vielerorts doch mit Wasser und wenn es hoch kommt Apfelschorle durch lange Sitzungsabende hungern. Vielleicht ist das der Grund, warum in Ottobrunn - dort gibt es nur Wasser - die Zusammenkünfte öfter mal im Schnelldurchgang erledigt werden. In Brunnthal können die Teilnehmer immerhin mit dreierlei Schokoriegeln den Blutzuckerspiegel oben halten und in Höhenkirchen-Siegertsbrunn teilt man sich fraktionsübergreifend ein großes Glas mit allerlei Süßkram. Ganz anders hält es da Maximilian Böltl, der Bürgermeister von Kirchheim. Die alte Bauernweisheit "Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen" hat er um die Erkenntnis erweitert: "... und lockt meine Kirchheimer zur Bürgerversammlung". Liebevoll verzierte Häppchen werden hier zur schweren Kost der Kommunalpolitik serviert. Meist sind sie schneller weg als der Bürgermeister seine Rede beendet hat. Die Häppchen gibt es übrigens auch bei Gemeinderatssitzungen.

Der Tagesordnung angepasst ist offenbar das Speisenangebot für die Kreisräte im Landratsamt. Am Mittwoch wurden die Mitglieder des Ausschusses für Finanzen und Liegenschaften mit Wraps eingewickelt und mit Donauwelle über Wasser gehalten. Schließlich standen so ermüdende Themen wie die "Feststellung und Entlastung für die Jahresrechnung 2016" und "Qualitätssicherung im Landratsamt" auf dem Plan. Da empfiehlt sich zwischendurch mal der Gang ans Büfett. Am Tag darauf im Mobilitätsausschuss war mit Radtangenten und Ausbau der S7 thematisch genug geboten. Da langte dann auch der trockene Rührkuchen.

Blickt man allerdings nach Neubiberg, so wurde dort diese Woche ein ganz neues Kapitel der Verköstigung aufgeschlagen. Ernährungsberaterin Annette Nagel riet auf dem Nacht-Biomarkt zum Verspeisen von Insekten. Knurpsen gerösteter Krabbler statt Völlerei an der Fleischtheke. Heimchen vom Herd statt Sau vom Grill. Dass dies nicht nur was für Ekel-Prüfungen ist, sondern auch Politiker bei ihrem Brainstorming beflügeln könnte, wollte kürzlich der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium, Thomas Silberhorn, beweisen: Er tischte bei den Koalitionsverhandlungen frittierte Mehlwürmer und gegrillte Heuschrecken auf. Na dann guten Appetit! Und die sechsbeinigen Snacks genießen, bis das Insektensterben wieder auf der Tagesordnung steht.

© SZ vom 14.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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