Kreis und quer:Grauschleier über dem Öko-Image

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Wind und Wasser: Die Stadtwerke München werben mit Strom aus regenerativen Energiequellen. 100 Prozent Erneuerbar, heißt es dann, und dazu gibt es ein Bild vom Isarkraftwerk. Der Kohleblock im Heizkraftwerk Nord wird verschwiegen

Von Martin Mühlfenzl

Flüssiges Silber. Ein herrlicher Klang. Hydragyros im Griechischen - also gemeinhin: Quecksilber. Gut, mit dem Wortteil Queck klingt das schon nicht mehr ganz so freundlich. Und Quecksilber hat tatsächlich nicht den besten Ruf. Deshalb hat es die EU-Kommission ja aus den Thermometern verbannt. Ein Heroenstück war das nicht, denn kurz darauf haben die Bürokraten in Brüssel das Zeug quasi umverteilt und in die Energiesparlampen gesteckt. Beim Thema Energie macht die Politik eben ernst. Da müssen Kompromisse gemacht werden. Die Menschen im Münchner Norden können davon ein Klagelied singen, die Unterföhringer im Besonderen.

Auf deren Grund steht das weithin sichtbare Heizkraftwerk Nord der Stadtwerke München. Auch ein Name, der wenig Charme versprüht. Passt aber zu dem Klotz, der nun dank eines Stadtratsbeschlusses bis ins Jahr 2035 die Luft in und um Unterföhring verpesten darf. Dass dabei auch Unmengen von Quecksilber anfallen - fast schon geschenkt. Zumindest aus Sicht der Stadtwerke. Denn während aus den Schloten des Heizkraftwerks der Ruß qualmt, werben die SWM in der Stadt allerorten mit einem wundervollen Foto des Wasserkraftwerks Isarwerk 1 in Thalkirchen in den Naturfarben Grün und Blau. Darunter der Slogan: "100 Prozent erneuerbar. Wir erzeugen so viel Strom aus erneuerbaren Energien, wie alle Münchner Haushalte, U-Bahn, Tram und E-Autos verbrauchen." Gut, bei dem nicht vorhandenen, aber von der Klimakanzlerin propagierten Hype um E-Autos leicht vorstellbar. Aber alle Münchner Haushalte? Und sogar noch die U-Bahn? Wow, die Stadtwerke lassen es energiepolitisch krachen.

Müssen sie auch. Jetzt, da der Bund doch tatsächlich den (langfristigen) Ausstieg aus der Kohle plant. Da kann man gerne die eigene Energiewende preisen. Ein solches Plakat ist in Unterföhring übrigens noch nicht gesehen worden. Würde wohl auch leicht anstauben - Verzeihung: etwas anrußen. Und das passt so gar nicht zum blau-grünen Image.

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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