Kreis und quer:Geh weida, Fortschritt!

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Stadtbahnen, Magnetschwebebahnen, Seilbahnen - an Visionen mangelt es den Kreispolitikern im Landkreis München wahrlich nicht.

Kolumne Von Martin Mühlfenzl

Edmund Stoiber war und ist ein Rastloser, ein Getriebener. Selbst in den Bergen beim Wandern. Es gibt da diesen legendären Tonmitschnitt von Stoiber und seiner Frau Karin in den Alpen. Als sie dem Angetrauten etwas hinterherhinkt, rutscht ihm der strenge Ruf heraus: "Karin, jetzt geh hoid a amoi weida!" Schnell, schneller, am schnellsten. Das war immer Stoibers Motto. Beim Aktenlesen, als Generalsekretär beim Wadlbeißn, bei der Umgestaltung des Freistaats in einen jodelnden Hightech-Standort, beim Antreiben der eigenen Ehefrau. Nur einmal wurde er so richtig ausgebremst: beim Transrapid. Ausgerechnet bei jenem Prestigeprojekt, das er mit all der ihm innewohnenden Eloquenz zum fortschrittlichsten Verkehrsprojekt des Jahrtausends hochstilisiert hatte: "Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München ..." - die Rede, von der es ebenfalls einen Mitschnitt gibt, bleibt unvergessen.

Wie lange die Freien Wähler im Landkreis München gebraucht haben, um sich wieder an die Idee des Transrapids und seiner Vorzüge zu erinnern, ist nicht bekannt. Stoiber aber dürfte es freuen, dass sie das Projekt zumindest gedanklich wieder aus der Versenkung geholt haben und ganz ernsthaft als möglichen Lösungsansatz betrachten, um dem Verkehrsinfarkt in der Region vorzubeugen, nach dem Motto: Wenn sie vom S-Bahnhof in Unterschleißheim in drei Minuten nach Ottobrunn fahren, dann starten sie im Grunde genommen hier mit der neuen Tram in den Landschaftspark und von dort mit der Seilbahn nach Grünwald.

Stadtbahnen, Magnetschwebebahnen, Seilbahnen - an Visionen mangelt es den Kreispolitikern im Landkreis München wahrlich nicht. Zeit genug haben sie ja auch, sich Gedanken darüber zu machen, wie der Verkehr der Zukunft aussehen muss, wenn sie mal wieder auf der A 99 im Stau stehen oder am eingleisigen Strang der S 7 auf die S-Bahn warten. Da rasen die Gedanken nur so und auf der neuralen Datenautobahn entstehen die schönsten Bilder aus Gondeln, Waggons und futuristischen Zügen, die ohne Hindernis und Unterlass Menschen hin und her transportieren.

All das sind noch Visionen, bis zur Umsetzung wird es Jahre dauern. Als Spinnereien aber sollten diese Überlegungen nicht abgetan werden. Denn natürlich muss sich die Mobilität im Landkreis München grundlegend ändern. Die Bevölkerung wird weiter rasant wachsen und sowohl das Straßennetz als auch der öffentliche Nahverkehr haben die Grenzen der Belastbarkeit längst überschritten. Es braucht ganz neue, kreative und mutige Ansätze, um die Zukunft der Region als Wirtschaftsstandort und vor allem auch als lebenswerte Heimat auf lange Sicht zu sichern.

Edmund Stoiber hatte schon irgendwie recht: Es muss weiter gehen - und es muss schnell gehen. Wie hatte er es noch mal gesagt? "Ich mache nicht nur leere Versprechungen, ich halte mich auch daran."

© SZ vom 28.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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