Kreis und quer:Die Radler bleiben auf der Strecke

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25 Millionen Euro will Verkehrsminister Dobrindt für Radschnellwege locker machen. Wahnsinnsgag! Der erste im Landkreis kostet schon 13 Millionen mehr

Von Martin Mühlfenzl

Für Alexander Dobrindt sind es gerade heiße Zeiten. Zwar weiß in der CSU niemand, wann Ministerpräsident Horst Seehofer ein Lob wirklich ernst mein; aber als er sagte, der Bundesverkehrsminister habe die zweite Stammstrecke durch die Landeshauptstadt mit seinem Einsatz erst möglich gemacht, haben viele beim symbolischen Spatenstich am Mittwoch gedacht: Der Modelleisenbahn-Fahrer Seehofer meint das wirklich so. Dobrindt der Macher. Der Anschieber. Der Entscheider. Super Typ, der nicht nur die Maut gegen Brüssel durchsetzt, sondern quasi auch mit eigenen Händen den gigantischen Tunnel durch die Landeshauptstadt schaufelt.

Macher zeichnet aus, dass sie die allergrößten Herausforderungen nicht scheuen und jeden noch so hohen Berg erklimmen - notfalls ohne Sauerstoffmaske. Bei einer ganz anderen Ankündigung aus dem Hause des Ministers aber wünschte man sich vor wenigen Tage tatsächlich Frischluftzufuhr, denn es drohte chronische Schnappatmung. Da posaunte das Verkehrsministerium heraus, es wolle 25 Millionen Euro für Radschnellwege bereitstellen. Und jetzt festhalten: sogar noch in diesem Jahr! Da bleibt einem glatt die Luft weg. Andererseits: Die zweite Stammstrecke wird voraussichtlich 3,8 Milliarden kosten.

Bei diesen beiden Zahlen fühlt man sich an ein Familienfest erinnert, bei dem die ohnehin schon adipöse und an Arterienverstopfung leidende Verwandtschaft die vor Fett triefende Sau am Spieß vorgesetzt bekommt, während der - auf Bairisch gesagt - zachen, veganen Grünkernfraktion ein Bund Schnittlauch vorgeworfen wird. Fresst es! Mehr gibt es nicht!

Die 25-Millionen-PR-Aktion des Alexander Dobrindt ist nicht mehr als ein schlechter Gag, den er beim Spatenstich am Marienhof nur zu erzählen vergessen hat. Unter den Stammstrecken-Befürwortern wäre der sicher gut angekommen. Ein wirklich ausgezeichneter Schenkelklopfer, weil im neuesten Bundesverkehrswegeplan der Radverkehr eine in etwa so große Rolle spielt wie die Diversität im Vatikan. Ein Wahnsinnsbrüller aber auch deshalb, weil die ausgelobte Summe nicht einmal den ersten, in Planung befindlichen Radschnellweg von der Stadtgrenze München bis Garching und Unterschleißheim finanzieren würde. Der wird bis zu 38 Millionen Euro kosten, für ein paar Kilometer Strecke.

Wer nun am Ende wirklich schallend lachen könnte, ist der Verkehrsminister selbst. Denn die wahren Macher im Landkreis - die Mitglieder des Kreistags und der Stadt- und Gemeinderäte - meinen es ernst, dass Bund und Freistaat die Hauptlast bei den visionären Radschnellwegen tragen sollen. Toller Gag, wird sich Alexander Dobrindt denken und sich eine Modelleisenbahn anschaffen. Die hat womöglich schon einen Tunnel und lästige Radler stören den Betrieb nicht.

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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