Kreis und quer:Der Bürger wird sich erinnern

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Ein Plädoyer für mehr Leichtigkeit im Gemeinderat. Und für sachorientierte Politik zugunsten der Bürger

Kolumne von Martin Mühlfenzl

Der wirklich spannende Straßenwahlkampf steht erst Anfang 2019 an. Wenn die Wahl der Kommunalparlamente im Frühjahr kurz bevorsteht und diejenigen, die in den Kreis-, Stadt- oder Gemeinderat einziehen wollen, in den Fußgängerzonen am saukalten Infostand den potenziellen Wählern nachjagen. Das ist gelebte Demokratie vom allerfeinsten. Hautnah. Bürger und Kandidat - Aug' in Aug'.

Freilich stehen dann viele zur Wahl, die sich im eigenen Ort längst einen Namen gemacht haben. Durch akribische, an den Belangen ihrer Bürger sachorientierte Arbeit. Die zeichnet sich heute nicht mehr wie zu Polt'schen Zeiten dadurch aus, dass es ein Gemeinderat fertig bringt, bei einer ganz normalen Sitzung "deam achtzg Hoibe und 150 Obstler" zu stemmen. "Bissl feicht" ist in diesen Zeiten, wo Bürger mit Argusaugen auf die Arbeit ihrer Volksvertreter blicken, kein Kriterium mehr. Wohl aber, was der "Weber Max", oder wie er auch immer heißen mag, in der Sache so alles erreicht.

Manchmal aber täte manchem Gemeinderat - nicht nur dem einzelnen, sondern dem ganzen Gremium - ein wenig mehr Leichtigkeit, wie sie der Weber Max und seine Konsorten an den Tag gelegt haben, ganz gut. Dem Taufkirchner Gemeinderat zum Beispiel. Der gilt ja eh als ein etwas steifer Verbund seiner Art. Mit aller Verbissenheit sind die Gemeinderäte vor kurzem aus dem System der solidarischen Finanzierung weiterführender Schulen im Landkreis ausgeschert. Ohne Not. Und noch schlimmer: ohne gute Begründung. Sie haben vor allem sich selbst vorgegaukelt, die Interessen der eigenen Gemeinde und damit ihrer Bürger zu wahren, indem sie nicht mehr für neue Realschulen und Gymnasien in den unmittelbaren Nachbarorten mitzahlen wollen. Was für ein Fehler.

Ein Irrtum, den sich der Wähler merken wird. Blöd nur, wenn es die Gemeinderäte selbst nicht checken. Wie die Initiative Wir in Pullach, die gegen kommunalen Wohnungsbau einen Bürgerentscheid angezettelt und - dem Wähler sei Dank - verloren hat. Oder Die Freien Wähler und die Gemeinschaft pro Putzbrunn, die nach der Bürgermeisterwahl einen noch härteren verbalen Feldzug gegen den wiedergewählten Edwin Klostermeier führen, dass draußen die noch nicht eingesammelten Plakatständer wackeln.

Wenn in zwei Jahren vor der Kommunalwahl die Plakatständer wieder aufgestellt werden und darauf die Konterfeis derjenigen prangen, die wieder in einen Gemeinde- oder Stadtrat gewählt werden wollen, werden sich viele Bürger erinnern. Dann braucht es starke, keinen lautstarken Argumente. Der Bürger wird dann wissen wollen, warum für sein Kind im Nachbarort keine Realschule gebaut wird. Weswegen die so dringend benötigte Altenpflegerin im Ort keine Wohnung findet. Warum die Verwaltung mit sinnfreien Anträgen lahmgelegt wird. Wer da keine Antworten findet, weil er die Fragen selbst mit verursacht hat, wird am Infostand ziemlich einsam.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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